Mollath bei Beckmann. Vor der Sendung.

Wie angekündigt war Gustl Mollath in einer Talkshow des deutschen ÖRF. Reinhold Beckmann war der Auserkorene. Die Sendung wird in wenigen Minuten ausgestrahlt. Ich werde mir bestenfalls einen Schnelldurchlauf anschauen, denn auch ich habe eine Schmerzgrenze. So wie ich Beckmann kennengelernt habe, werden wenige Minuten ausreichen, um sich ein faires Urteil bilden zu können. In vielen Fällen reicht es schon, wenn man sich die Gästeliste und die Ankündigungen auf der ARD-Seite durchliest. Also machen wir das doch mal.

Die Gäste sind Gustl Mollath selbst. Sein Anwalt Gerhard Strate. SZ-Journalist Uwe Ritzer. Und Psychiaterin Hanna Ziegert. Die „Fragestellungen“ sollen so aussehen:

Zu Unrecht in der Psychiatrie – der Fall Gustl Mollath.

Handelt es sich beim Fall Mollath „nur“ um ein Versagen des Rechtsstaates? Oder kam er einflussreichen Menschen in die Quere und wurde weggesperrt? Und wie schnell landen Menschen zu Unrecht in der Psychiatrie?

Welche Konsequenzen müssen Politik und Justiz aus dem Fall Mollath ziehen? Prof. Hanna Ziegert arbeitet seit 30 Jahren als Gutachterin und weiß, wie leicht man in der Psychiatrie landen kann.

Uwe Ritzer spricht von einem der größten „Justiz-, Psychiatrie-, Polit- und Bankenskandale der Bundesrepublik.“

Für Gerhard Strate ist der Fall ein beispielloser Skandal in der deutschen Rechtsgeschichte.

Das sind mal wieder kontroverse, gegensätzliche Meinungen.
Freuen Sie sich auf diese ausgewogene „Diskussion“ im deutschen ÖRF-Stil.

Im Fall Sarrazin lud Beckmann bekanntlich 7 Verbündete ein, die Sarrazin dann zusammen fertigmachten. Was wirklich mutig war damals. Sieben medial erfahrene, professionelle Dummschwätzer gegen einen medial unerfahreren Stotterer mit Gesichtslähmung. Herr Beckmann ist ein toller Journalist, ich verstehe, dass er in Deutschland mehr verdient als die Kanzlerin. Finanziert durch Zwangsgebühren.
Ein solches Schatzkästchen muss man mit gestohlenem Gold füllen.

Heute setzt Beckmann noch einen oben drauf und lädt gleich ganze 0 Vertreter der anderen Seite ein. Wie hoch ist die GEZ-Gebühr? 20€ im Monat? Zahlt man als Deutscher eigentlich gerne diese Zwangsgebühr? Monatlich, und dann auch noch für diesen Unsinn?

Was hat diese Einseitigkeit noch mit Journalismus zu tun? Das ist meine Kernfrage. Das finde ich das wirklich Faszinierende an diesem Fall, dass so viele Menschen diese Art der „Diskussion“ und „Berichterstattung“ mögen und gutheißen. Mir läuft es da ganz kalt den Rücken hinunter.


Dieser Satz der ARD-Spin-Doktoren ist auch gut:

Zwar war Mollath 2006 vom Vorwurf freigesprochen worden, seine Ehefrau misshandelt und die Autoreifen von Widersachern zerstochen zu haben, doch wegen vermeintlicher Wahnvorstellungen und Gemeingefährlichkeit schickte das Gericht den heute 56-Jährigen in die Psychiatrie.

Ähnliche Sätze las ich in den letzten Tagen öfter in deuschen Medien. Die Feststellung der Schuldunfähigkeit aufgrund von Wahnsinn, ist nach dieser Lesart die Feststellung, dass die Taten nie begangen wurden. Wieder was gelernt.

Mollath selbst hat laut Welt nie bestritten, dass er seine Frau geschlagen hat. Mollath sieht die Schläge nur als gerechtfertigt an. Die Welt zitiert Mollath am Ende des Artikels so: „Ich habe meine frühere Frau jedoch nicht angegriffen, sie selbst hat sich so verhalten, dass sie diesen Körperkontakt gesucht hat.“

Das klingt für mich nach der berühmten „Die-Frau-hat-es-verdient-dass-man-sie-schlägt“-Verteidigung. Man könnte auch sagen, Mollath hat die Hand hingehalten und seine Frau ist ihm hineingelaufen. Beide Verteidigungsstrategien funktionieren eher selten. Da stand Beckmann und seinen Gästen viel Arbeit ins Haus. Konnte er das heute Abend schon umbiegen?

Aus dem verlinkten Welt-Artikel kann man schön herauslesen, dass Psychotiker sehr anstrengend sein können. Ihr Wahn richtet sich gerne gegen die aktuelle Umwelt. So lief es bei Mollath bisher immer: Erst war seine Frau fällig, weil sie mit ihm zusammenlebte und seine Umwelt prägte. Kaum war Mollath dann vor Gericht, waren die Richter die Verschwörer. In der Psychiatrie waren die Verschwörer dann selbstredend die Psychiater, die die Insassen laut Mollaths „Aufdeckungen“ gezielt foltern und den Patienten Medikamente geben, damit sie krank werden.

Wahnideen beruhen immer auf dem Input-Output-System. Auch ein Wahngehirn kann nur das zum Wahn machen, was von der Umwelt an Input eingegeben wird. In anderen Worten: Wenn Mollaths Wahn weiter akut ist, wird er früher oder später anfangen seinen neuen Freunden zu misstrauen, weil diese nun aktuell den größten Input leisten.

Schon in den ersten Prozessen hat Mollath nicht nur den Richtern, sondern sogar seinen eigenen Verteidigern Verschwörungen vorgeworfen. Es wäre keine Überraschung, wenn irgendwann seine neuen Freunde und sein neuer Verteidiger nicht mehr das Vertrauen von Mollath genießen. Vielleicht konnten sie Mollath bei Beckmann noch wie gewünscht steuern – schmerztolerante Leser können die Sendung gerne angucken und dann berichten – aber früher oder später ist es nicht unwahrscheinlich, dass Mollath anfängt, die ersten „Verschwörungen“ seiner Freunde zu entdecken.

Was Mollath letztendlich heilen kann, sind drei Dinge: Alterung, Medikamente und Krankheitseinsicht. Medikamente lehnt Mollath ab, Krankheitseinsicht hat er nicht, es bleibt also nur der Faktor Zeit. Wahngedanken nehmen im Alter oft ab. Die 7 Jahre in der Psychiatrie waren eine lange Zeit, vielleicht ist sein Zustand schon relativ stabil. Die aufgezeichnete Ausstrahlung bei Beckmann würde ich für diese Beurteilung aber nicht unbedingt als Maßstab nehmen. Besser wäre ein Live-Sendung oder am besten gleich ein Medium, das nicht für seine Schnittorgien bekannt ist.

9 Gedanken zu „Mollath bei Beckmann. Vor der Sendung.

  1. Die Feststellung der Schuldunfähigkeit aufgrund von Wahnsinn, ist nach dieser Lesart die Feststellung, dass die Taten nie begangen wurden.

    Genauso ist es aber doch juristisch. Da hat er seine Frau verprügelt und dann kamen die Psychiater und meinten:
    Der kann doch gar nichts dafür, schließlich glaub er an Verschwörungstheorien und benimmt sich absonderlich. Was für eine Farce.

    • Schuldunfähigkeit bedeutet, dass man für begangene Taten nicht (auf normale Art und Weise) bestraft werden kann. Schuldunfähigkeit bedeutet nicht, dass die Taten erst gar nicht begangen wurden. Die Medien vermitteln den Eindruck, als hätten die Gerichte gesagt, Mollath sei nicht der Täter. Das haben die Gerichte aber nie gesagt. Sie haben gesagt, er habe seine Frau geschlagen und die Reifen zerstochen, aber er sei schuldunfähig.

      Jetzt spinnen die Medien und Strate aktuell den Fall weiter: Mollath sei nie steuerungsunfähig gewesen, sondern immer gesund. Außerdem habe man ihn freigesprochen. Also habe er die Taten nie begangen. Q.E.D.

      Von daher hast du Recht, hier soll jemand, der seine Frau verprügelt hat, reingewaschen werden. Aber das ist – in diesem Fall – beim besten Willen nicht die Schuld der Psychiater.

  2. Dieser Beitrag ist tendenziell und verlogen, wie wir das beim American Viewer so schätzen.
    Als ob nicht allgemein bekannt wäre, dass Justizbonzen generell nicht bereit sind, sich zu ihren Entscheidungen zu äußern. Jede, auch die niederträchtigste Fehlentscheidung wird dort gewohnheitsmäßig mit den sattsam bekannten Stanzen („Richterliche Freiheit“, „Rechtskraft erlangt nach Verwerfung der Revision durch BGH“, „umfangsreiche Untersuchung“, „reifliche Überlegung“) „begründet“. Welchen Grund gibt es für die Annahme, dass die sich ausgerechnet im Mollath-Fall anders verhalten?

    Zu dieser Verleumdung

    Heute setzt Beckmann noch einen oben drauf und lädt gleich ganze 0 Vertreter der anderen Seite ein.

    möchte ich (im Bewusstsein, dass auch dies den Hausherrn nicht die Bohne kümmert) mir erlauben, die Realität entgegenzuhalten:
    FAZ 16.08.2013, „Das ist aber Praxis“
    Womöglich hätten das andere Gäste aufklären können, die betreffende Staatsanwaltschaft zum Beispiel oder die bayerische Justizministerin, die sich lange vor ihre Richter stellte. Aber von solchen möglichen Gästen war trotz Einladung keiner gekommen.

    • Beteiligte Juristen des Staates werden sich natürlich nicht zu laufenden Verfahren äußern, wahrscheinlich dürfen sie das gar nicht. Dass die bayerische Justizministerin nicht kam, wird wohl daran liegen, dass man dann die typische Sarrazin-Verteilung gehabt hätte: 4, 5 oder gleich 6 Personen gegen Einen. Es ist mir klar, dass Leute wie Sie solche „fairen Diskussionen“ lieben. Von daher sind Sie beim deutschen GEZ-Funk bestens aufgehoben. Sie zahlen ihre 180€ „Demokratieabgabe“ im Jahr sicher gerne und mit Inbrunst. Es ist doch alles bestens, jedem so wie er will, regen Sie sich nicht künstlich auf.

      • „Beteiligte Juristen des Staates“

        Offenbar haben Sie sich noch nie im Leben mit der Systematik des Rechtsstaats beschäftigt. Das Kammer des Landgerichts, die damals Mollath verurteilt hatte, ist nicht mehr beteiligt. Brixner ist Pensionär.

        Der Grund für die Gesprächsverweigerung ist doch ein ganz anderer.
        Die haben nicht mehr zu bieten als die üblichen Stanzen: Richterliche Freiheit und „wurde vom BGH bestätigt“.
        Damit kann man die Presseanfragen abschmettern, aber bei einem Gegner der State-Klasse (der ja auf diesen Verbalschrott vorbereitet ist) geht das gegen den Baum. Wenn Strate einzelne Passagen der unsäglichen Entscheidungen zitiert und die Bonzen nichts weiter zu sagen haben als „richterliche Freiheit“, dann sieht jeder Zuschauer, wie korrupt unsere Justiz ist. Um das zu vermeiden, haben die sich entschlossen lieber zu kneifen.

      • Der Fall Mollath ist in großen Teilen eine unfaire, unsachliche Kampagne von Medien wie SZ und dem quasi staatlichen deutschen ÖRF. Von daher ist es außerordentlich belustigend, wenn Menschen wie Sie in diesem Zusammenhang von der „State-Klasse“, von Verbalschrott, von Bonzen und von „den üblichen Stanzen“ sprechen. Wie gesagt: Zahlen Sie ihre 180€ GEZ-Gebühr im Jahr mit Inbrunst, legen Sie sich ein SZ-Abo zu und fühlen Sie sich als Rebell. Es bleibt die Frage worüber Sie sich eigentlich aufregen.

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