Ich hatte ein paar Einblicke in die Sendung.
Nachfolgend meine Einzelbewertung.
Reinhold Beckmann, Moderator.
War kritischer als gedacht. Merkte man an, dass der Draht zu Mollath nicht der beste war. Die Vorauswahl seiner Gäste war einseitig, aber wenn man das in Betracht zieht, waren einige kritische Fragen dabei. Hat auch Frau Lakotta erwähnt. Außerdem habe er Otto Lapps vom Nordbayerischen Kurier eingeladen, dieser habe aber abgelehnt. Dass der Nordbayerische Kurier kritisch berichtet, ist bemerkenswert, denn laut wikipedia ist die SPD an dieser Zeitung beteiligt. An dieser Stelle ein sehr guter Kommentar der kleinen Regionalzeitung. In diesem kleinen, aber beeindruckend offenen Text wird Prantls „Qualitätsjournalismus“ überzeugend an die Wand genagelt.
Uwe Ritzer, SZ-Journalist.
Hat nichts Wesentliches zur Sendung beigetragen. Selbst für SZ-Verhältnisse war der Mann schwach. Hatte „einen der größten Justiz-, Psychiatrie-, Polit- und Bankenskandale der Bundesrepublik“ versprochen, konnte dann aber nicht liefern. Selbst Strate langweilten Ritzers Ausführungen sichtlich.
Hanna Ziegert, Psychiaterin.
Machte nicht den seriösesten Eindruck. Arbeitet als Gutachterin, meinte aber, sie würde sich selbst nie begutachten lassen. Verstärkte dadurch den unseriösen Eindruck. Gab Strate überraschenderweise in Einzelpunkten Contra. Behauptete ernsthaft, gegenüber ihr hätte sich noch nie jemand einer Begutachtung verweigert. Vermittelte den Eindruck, sie mache alles richtig bei ihren Gutachten, ihre Kollegen dagegen vieles falsch. Wurde dadurch nicht seriöser. Musste bei einigen Sätzen von Mollath sichtbar schlucken.
Gerhard Strate, Verteidiger.
War extrem von sich selbst überzeugt. War sich sicher, dass nun nichts mehr kommen werde von der Bayerischen Justiz, außer einer Entschuldigung auf allen Vieren. Legte sich fest, dass es in Deutschland verfassungswidrig sei, jemanden dauerhaft einzuweisen, der sich nicht begutachten lässt. Verfestigte dadurch den unvorteilhaften Eindruck. Fühlte sich sichtlich unwohl, wenn Mollath zu lange das Wort hatte.
Gustl Mollath, vermeintliches Justizopfer.
War nicht in der Lage die meisten von Beckmanns Fragen wirklich zu beantworten. Schweifte mitunter extrem ab, was Beckmann sichtlich nervte. Formale Denkstörungen wie Vorbeireden und umständliches Denken ließen sich nicht ausschließen. War es sehr wichtig, dass man sich Zeit für seine Äußerungen nahm. Beckmann nahm sich sehr viel Zeit, was Mollath aber trotzdem zu wenig war. Vermittelte den Eindruck einer sehr schwierigen Person, mit Hang zu extrem unbedeutenden Detailfragen. Suchte immer wieder den Blickkontakt zu seinem Anwalt. Vermittelte den Eindruck, dass vorher abgesprochen worden war, wie weit er gehen kann und wie weit besser nicht. Vermittelte den Eindruck eines Entdeckers, der gerne mehr seiner Entdeckungen mitgeteilt hätte. Sagte, er könne nicht nur ein Buch schreiben, er müsse. Ein Wahn ließ sich nicht nachweisen.
Mollaths Ausdrucksweise fand ich extrem irritierend, konnte aber nicht genau festmachen, woran es lag
Mollath wirkte auf mich absolut überkompensiert, nach dem Motto: nur nichts emotionales zeigen. Das wird der Anwalt ihm geraten haben. Denn da es tatsächlich Fernbegutachtungen gibt, würden Ausfälle aller Art aus dieser Sendung sicherlich für eine Einschätzung herangezogen würde. Aufgrund der Körpersprache und der nonverbalen Reaktionen in den Situationen, in denen Beckmann für ihn Kritisches erzählte, zweifle ich jedoch an meiner Ersteinschätzung. Auch die manchmal kruden Äußerungen („die Polizei hat „mehrfach“ meine Tür eingetreten“ – bei einem einzigen Einsatz) und Verleugnen erwiesener Vorgänge im Gericht (Zitieren aus NS-Prozessen) sprechen m.E. dann doch dafür, dass mit dem Mann irgendwas nicht stimmt. Ob er nun einfach nur ein trotziger Rechthaber oder wirklich krank ist, das muss ein Experte vor Ort klären. Daneben scheint Mollath eine Form von Kontrollzwang zu zeigen, indem er den Gutachter aussuchen und kontrollieren und nach dessen Fragestellung entscheiden will, ob er ihm vertraut.
Außerdem: Jeder Mensch hält zwei Verhaltensweisen bereit, die normale „Schönwetter-Fassade“ und die Verhaltensweise, die bei Schwierigkeiten hochkommt. Auch ein Choleriker schreit nicht 24 Stunden am Tag Leute an, sondern nur dann, wenn er anders nicht weiterkommt. In der Sendung hatte Mollath keinen Anlaß, aus der Schönwetter-Fassade auszubrechen. Und dann gibt es noch die unterdrückt Aggressiven, die sich nicht trauen, eine Prügelei anzuzetteln (Mollath wurde ja selbst vom Schwager vermöbelt), sondern lieber „hintenrum“ Rache nehmen. Insofern wäre es zielführend, den Mann unter Stress zu setzen und zu sehen, welches Verhalten er dann zeigt. Beschützte Situationen werden nicht die ganze Wahrheit bringen, daher würde ein befreundeter Zeuge bei der Begutachtung eben diese Begutachtung verfälschen.
Nebenbei: Kein Gutachter wird sich gerne begutachten lassen.
1. Die allermeisten Gutachter halten sich für den besten und kompetesten und hält die Kollegen für eher mäßig talentiert. Wer jeden Tag über Menschen quasi abschließend urteilt, ist permament in Gefahr, sich für einzigartig zu halten. In dem Zusammenhang sehe ich auch die Äußerungen der Frau Dr.
2. Jeder Gutachter weiß, dass seine Profession eine interpretatorische Kunst ist. Jeder Satz, jede Geste, kann auf verschiedenste Art und Weise ausgelegt werden. Daher ist eine Begutachtung generell riskant.
Bei Mollath wissen wir es also nicht so genau, bei Frau Ziegert sind sich dann wohl alle (ich auch!) sicher das da was nicht „stimmt“.
@Klaus
„Wer jeden Tag über Menschen quasi abschließend urteilt, ist permament in Gefahr, sich für einzigartig zu halten. “
😀 Ich kenne diese Berufsgruppe eher so das die sich für derartig einzigartig (sie kommen überhaupt nicht auf die Idee evtl einzigartig blöd zu sein) halten das sie glauben alles und jeden richtig beurteilen zu können.
Ich hab den verlinkten Artikel gelesen. Trocken, sachlich, gut. Lustig waren aber vor allem die Kommentare dazu. Holla die Waldfee ! Es fragt sich da nur noch, ob das lediglich Fans sind, oder ob das Mitinsassen von Gustl dem Guten sind.
Zur Sendung kann ich leider nichts sagen. Beckmann tu ich mir aus Angst vor Krampfadern, aufgerollten Zehennägeln und weiteren körperlichen Beeinträchtigungen nicht mehr an.
Herr Mollath befindet sich in einem laufenden Wiederaufnahmeverfahren, dessen Erfolgsaussichten statistisch nicht sehr hoch sind. Zudem findet das Verfahren beim LG Regensburg statt, daß eben diesen Antrag erst vor einigen Wochen abgewiesen hatte und erst durch das OLG Nürnberg zur Eröffnung des Verfahrens gedrängt werden mußte.
Daß Herr Mollath in solch einer Situation extrem unsicher ist und etwas „kontrolliert“ wirkt, ist doch klar. Alles, was er in der Öffentlichkeit sagt, kann gegen ihn verwendet werden.
Die andere Frage ist, ob jemand, der nicht „verrückt“ ist, verrückt wird, wenn er 7 Jahre lang eingesperrt ist. Ich war bisher nur 7 Tage (nicht 7 Jahre) im Gefängnis und wurde in der 4. Nacht schon verrückt (ich wußte nicht, wie lange ich dort verbringen werde müssen und rechnete mit einer mehrjährigen Haft). Nach diesen 7 Tagen war ich nicht mehr so wie vorher. Da will ich mir gar nicht ausmalen, was 7 Jahre so mit einem anstellen. Diese ex-post-Betrachtung ist also nicht sehr hilfreich zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausgangsentscheidung.
Dann sollte er vielleicht Talkshows eher meiden. Das wäre nämlich auch eine Möglichkeit. Allerdings geht das mit dem medialen Druck auf Gerichte, Gutachter und Politiker so natürlich leichter.
Ich glaube, der Talkshow-Besuch und die Interviews sind eher finanziell bedingt. Wenn ich so einen Mandanten hätte, von dem ich weiß, daß er sonst nie meine horrende Anwaltsrechnung bezahlen kann, würde ich ihn auch in jede Talkshow bugsieren und dann sofort den Honoraranspruch abtreten lassen.
@Andreas Moser
Das sind doch alles Theorien, die nicht stimmen. Gerhard Strate verkündet überall, er mache es pro bono. In der ZEIT sagt er zudem, man nehme keine Honorare für Interviews:
@Andreas Moser
Sie biegen sich die Sachlage so hin, dass es für Sie passt.
Sie sind ein „guter“ Jurist, Herr Moser. 😉
Bei Licht sieht die Sache ganz anders aus:
1. Statistik spielt in Einzelfällen keine Rolle.
2. Es ist das LG Regensburg, aber eine komplett andere Kammer.
3. Die Erfolgsaussichten sind bestens, weil es bekanntlich immensen Druck durch ranghohe Politiker und höhere Gerichte gibt, die alle wollen, dass der Fall abgeräumt wird.
Die Sendung mit Beckmann habe ich verpasst.
Habe mir aber über die Mediathek die ersten 20 Minuten angesehen.
Was mir aufgefallen ist, mag eine banale Kleinigkeit sein. Für mich sagt sie aber viel aus über den Wahrheitsgehalt der Mitteilungen von Mollath.
Er sagte, dass er überstürzt aus der Klinik entlassen wurde.
Sogar ein Hemd und eine Unterhose musste er sich von seinem Schulfreund geben lassen.
Gut, das mit dem weißen Oberhemd nehme ich ihm noch ab. Es kann sein, dass er in der Klinik keins hatte.
Aber ohne Unterhose wird er in der Klinik wohl nicht gewesen sein. In der Eile hat er wohl vergessen sie einzupacken. Der Pflanzentopf war wohl wichtiger.
Was soll man von einem Mann halten, der sowas verbreitet?
Auch das mit dem Hochsicherheitstrakt in dem er sich 7 Jahre befand, ist wohl stark übertrieben.
Laut der Mitteilung der Klinik konnte er sich in den letzten Jahren auf dem Klinikgelände frei bewegen. Dazu gehört auch eine Grünanlage, die sogar von der Öffentlichkeit benutzt wird.
An den Angaben der Klinik habe ich keinen Zweifel. Warum auch?
Die Aussage Mollath’s erscheint mir doch sehr fragwürdig.
Habe mir den internen Prüfungsbericht der Bank durchgelesen. Dort wird erwähnt, dass Frau Mollath 800 000 € geerbt hat. Die Frau hat sich von Mollath entfernt. Warum hat noch niemand untersucht, ob nicht diese Erbschaft für Mollath auch eine Rolle spielt? Für mich werden die Tätlichkeiten gegen die Ehefrau damit plausibler.