Der deutsche Soziologe Erich Weede (*1942), veröffentlichte am 8. Juni 2014 in der FAZ einen Artikel, den ich für lesenswert halte. Nachfolgend ein paar besonders interessante Stellen:
Auch heute noch dürfte die Ungleichheit zwischen den Volkswirtschaften die wichtigere Determinante der Ungleichheit zwischen den Menschen in der Welt sein als die Ungleichheit innerhalb der Volkswirtschaften.
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Je ernsthafter man das Problem der weltweiten Armut durchdenkt, desto weniger kann man sich von mehr Entwicklungshilfe versprechen. Noch nicht einmal der Freihandel zwischen den Nationen kann so schnell so viel verändern wie Freizügigkeit.
Und weiter:
Eine denkbare Verteidigungslinie gegen die Forderung nach bedingungsloser Öffnung der Grenzen der reichen Länder für arme Zuwanderer ist, dass man offen zugibt, dass jeder sich selbst der Nächste ist, dass die Bürger und Wähler der westlichen Wohlstandsinseln schon mit Rücksicht auf ihre einkommensschwächsten Mitglieder einen bedingungslosen Zuzug nicht zulassen können.
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Auf die Landsleute, die sich keinen Neuwagen, sondern nur einen Gebrauchtwagen leisten können, nimmt man Rücksicht, auf Fremde aber nicht, obwohl denen manchmal die zweite Mahlzeit am Tag fehlt.
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Warum sind manche Länder arm und andere reich? Bei allen Unterschieden im Detail geben viele Sozialwissenschaftler folgende Antwort: Es liegt an den Institutionen der Länder oder den sozialen Normen oder den dominanten Verhaltensweisen oder der Kultur oder den Traditionen oder der Sicherheit der Eigentumsrechte und dem Ausmaß der wirtschaftlichen Freiheit.
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Unter dem Gesichtspunkt der Wohlstandsmaximierung – nur darum geht es hier – sind verschiedene Institutionen und Kulturen nun mal nicht gleichwertig. In dieser Hinsicht ist der Westen anderen Zivilisationen überlegen, weshalb Millionen Menschen aus fremden Ländern und Kulturen am liebsten in den Westen kommen möchten.
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Der Wertewandel in den reichen Ländern kann mit zunehmendem Wohlstand den Leistungswillen oder auch „materialistische Werte“ untergraben. Soweit das der Fall ist, sind Zuwanderer mit Aufstiegswillen eine echte Bereicherung der aufnehmenden Gesellschaft. Vor allem bei vielen asiatischen Zuwanderern in den Vereinigten Staaten kann man das beobachten.
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Unter dem Gesichtspunkt von Assimilation und Integration problematisch ist auch ein großzügiger Sozialstaat, der ja nicht nur für Arbeitswillige und damit über den Arbeitsmarkt integrierbare Zuwanderer attraktiv ist, sondern auch für diejenigen, die sich ein Leben ohne Arbeit vorstellen können.
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Der Bezug von Sozialtransfers kann nur zur Verlangsamung der Integration von Zuwanderern beitragen. Im Ganzen sind die Vereinigten Staaten wohl auch deshalb erfolgreicher als Europa bei der Integration von Zuwanderern, weil der Sozialstaat dort nicht europäische Ausmaße der Großzügigkeit erreicht hat. Allerdings unterscheiden sich die Vereinigten Staaten und Europa auch darin, dass es in den Staaten, auch unter Präsident Obama, durchaus Massenabschiebungen von Zuwanderern gegeben hat, in Europa aber nicht.
Die FAS veröffentlichte außerdem am 22. Juni ein Interview mit Erwich Weede auf Seite 2 mit dem Titel: „Es ist gut für die Armen, dass die Reichen reich sind.“ Das besagte Interview ist fast noch besser als der Essay. Das Interview wird von „Globalisierungskritikerin“ Friederike Haupt geführt, die sich wirklich Mühe gibt und alle gängigen Argumente ihrer Spezies anführt. Weedes Antworten sind traumhaft sicher, wunderbar anschaulich und auf den Punkt. Leider ist das Interview online nicht (legal) auffindbar.
Der schreibt auch bei eigentümlich frei, auch wenn dir das sicher bekannt ist
Das habe ich erst im Nachhinein erfahren, als ich seine wikipedia-Seite las. Er sitzt dort auch im Beirat.
Ich finde die Abhandlung von ihm auch äußerst interessant, so interessant wie Informationen denen das gewisse Etwas fehlt, auch nur finden kann.
Da die Zielstellung seiner Arbeit mehr politischer Seits liegt, weniger ökonomischer Seits, setze ich hier mal mit meiner Kritik an.
„Zwar nimmt die Ungleichheit der Einkommensverteilungen in vielen Ländern zu, aber die Ungleichheit zwischen armen und reichen Ländern nimmt eher ab, weil gerade einige der volkreichsten Länder (wie China, immer noch auch Indien) viel schneller als der reiche Westen wachsen. Auch heute noch dürfte die Ungleichheit zwischen den Volkswirtschaften die wichtigere Determinante der Ungleichheit zwischen den Menschen in der Welt sein als die Ungleichheit innerhalb der Volkswirtschaften.“
Er verkennt hierbei die ökonomischen Faktoren des Entwicklungsgrades einer Volkswirtschaft vollkommen, denn dafür muss über Quantitäten hinaus gegangen werden, Statistiken helfen dabei wenig.
Hier zählt was für Güter produziert werden, und wichtiger noch, welche Preise diese am Markt erzielen, deutlich wird dass in den Industrienationen wertvollere, weil auch viel spezifischere Güter erzeugt werden, zur Veranschauung, wie viel Tonnen Baumwolle muss in Burkina Faso verkauft werden, um bilanztechnisch den Verkauf eines VW-Golfs in der Bundesrepublik zu erreichen, wie viel Menschen arbeiten in der Produktionskette dessen mit, und wie viele muss diese Leistung dann ernähren.
Da kommt man dann sofort der Armut auf die Schliche, es arbeiten rund die 170-200 fache Zahl an Menschen in Burkina Faso daran ein und den selben Erlöß aus Baumwolle zu erzielen, die bei uns ein VW-Golf erziehlt, das bedeutet im Umkehrschluss dass der deutsche Arbeiter auch über den Daumen gepeilt ungefähr diesen Unterschied im Einkommen gegenüber dem Afrikaner hat, dieser verdient im Monat ungefähr 15-20$.
Ich finde hier wäre es wichtig zu beleuchteten, dass der Wohlstandsunterschied auch darauf beruht, wie konkret Spezialisierung vorhanden ist, diese dann aber auch wertschöpfend in die Waagschale geworfen werden kann, hiermit meine ich, dass Indien ein Land ist in dem weit über Durchschnitt Mathematiker ausgebildet werden, dies aber mit nichten der Grund ist, warum sich dort große Teile westlicher Unternehmen aus der Softwareentwicklung ihre Niederlassungen gebildet haben, nein, dass war der Preis den diese Unternehmen dort kalkulieren konnten, dieser war unschlagbar.
Denn jeder betriebswirtschaftlich Gebildete Mensch weiss, dass die Kalkulation eventueller Gewinnaussichten, vor Kalkulationen mit Humankapital kommen.
Und hier komm ich zu den springenden Punkten.
Wohlstand ist immer davon abhängig wie hoch das Bildungsniveau der Wirtschaftsteilnehmer ist, denn das wirkt sich auf die Qualität von gelieferten Gütern und Dienstleistungen aus, Spezialisten aus der 3. Welt bekommen wir nur, weil es dort Schulen gibt!
Und der 2. Punkt ist wie frei mit bereits geschaffenem Wohlstand, gearbeitet werden kann, grundlegend dafür ist Rechtssicherheit, diese ist ja die zu kalkulierende Geschäftsgröße schlechthin
Aus diesen Punkten heraus lassen sich alle Entwicklungsdynamiken, zwischen und in den Volkswirtschaften ableiten.
Der größte Aktivposten Asiens beim Einholen der Industrienationen war das Heer an vorhandenen, lernwilligen und auch lernfähigen Jugendlichen. Japan, Südkorea, Taiwan, Singapore, wären nie derart reich geworden, wären da nicht junge Leute gewesen, die sich aus ureigenem Antrieb hätten entfalten wollen, die heute hochspezifische Elektronikerzeugnisse oder 90% unserer Fracht- und Handelsschiffe bauen, dort war auch die Freiheit von jeher da, sich und das Geschäft seiner Arbeit, entfalten zu können.
In China gab und gibt es diese Kinder ebenso, nur war die Freiheit nicht da, den Wohlstand aus sich heraus auch entfalten zu können, dank dem Kommunismus, heute wo diese Kommunisten die Fehler Maos eingesehen haben, stürmt China voran.
Die Wurzel der Stagnation des Westens müssen wir in der (Ver)-Bildung unserer Jugend und dem gesellschaftlichen Umgang mit diesen sehen, unsere Politik hat keinerlei Interesse an rundum gebildeten jungen Menschen, die Fragen stellen, und Dinge in Frage stellen, der gesunde Menschenverstand werdender Erwachsener wirft ein strukturell korruptes System wie dass, unter dem wir leiden, leider sofort über den Haufen, und aus diesem Grund alleine gehört seitens der Politik abgeschafft, dass das fruchtet sehen wir vor allem an der ökonomischen Unzurechnungsfähigkeit von Leuten die die Schule hierzulande verlassen, die sehen was sich auf Pump ranschaffen lässt, bevor sie sich ihrer Torheit Gewahr werden, sind sie über beide Ohren verschuldet, in Asien wissen deren Altersgenossen, und da sprech ich aus persönlichem Bezug, dass man für ein materiell erfülltes Leben, hart arbeiten muss.
Ich kann und muss hier immer wieder die Bedeutung der Attraktivität von Bildung betonen, viele Jugendliche haben heute keine Lust mehr zu lernen, weil sie durch ihre Sozialsierung, einerseits faul werden, durch ein weitestgehend bequemes Leben, andererseits aber auch jede Hoffnung genommen bekommen, diese Kids sind nicht schlecht, unsere Gesellschaft hat nur ökonomische Maßgaben aufgebaut, in der sie eher stiefmütterlich behandelt werden, in denen sie vergessen werden, denn eines muss klar sein, eine Gesellschaft wie die heutige, die Unter dem Vorzeichen „nach mir die Sinnflut“ arbeitet, zumindest werden eine Menge politischer Entscheidungen unter dieser Prämisse getroffen, aber auch in großen Unternehmungen jenseits des Mittelsstandes, ja in der wird mit dieser Prämisse auch die Nachkommenschaft der Sinnflut preis gegeben.
Noch ein Punkt, die Wirtschaften der BRICS Staaten sind vor allem daher so dynamisch, weil in ihnen auch weniger spezifische Wertschöpfung betrieben werden kann, die Gewinnspanne im gesammtgesellschaftlichen Vergleich und damit die Aufstiegschancen eines Limmonaden-Verkäufers in Bombay oder Kalkutta ist höher als die eines Verkäufers in einem unserer Discounter, zumal auch hier der Unterschied zwischen Verkäufer und Unternehmer betont werden muss, der eine gewinnt durch seine Leistung, der andere hat ein festes Einkommen, schon daraus entstehen überall Wachstumspielräume, hier muss auch auf den einfach liberalen Fakt hingewiesen werden das Anfangs existierende Geschäftspolypole viel höhere Dynamiken erzeugen, als dies die sich Geld-bedingt immer weiter monopolisierenden Oligopolstrukturen vermögen .
Der Westen hat zudem einen Punkt vollkommen verpasst, sich zu Arbeitenden und Angestellten, immerhin der Mehrheit der Bevölkerung, hin zu liberalisieren, feste – und immer höher werdende Steuersätze für arbeitende Menschen, sind nicht das was zu Wirtschaftswachsum führt, in vielen ökonomischen Abrissen wurde dies immer wieder aufgezeigt, im Gegenteil die stärkste Wachstumsperiode in Deutschland nach dem Nachkriegsboom, eben zu der Zeit als sich für Unternehmer der Staat nach Maß etablierte, sie ihre Kosten steuerlich geltend machen konnten. Aus diese positiven Aspekten wurde nicht gelernt, im Gegenteil, es wurde ein künstlicher Unterschied zwischen Unternehmern und Angestellten respektive Arbeitern geschaffen, die einen haben jeden Segen Wohlstand zu schaffen, die anderen werden ausgenommen um ein ökonomisch durch und durch dämliches Gebilde Namens Staat zu finanzieren, für mich ein Verrat an der Freiheit, die jedem Aufstiegschancen durch Leistung verspricht.
Und unter der glimmenden Herden der zweifelsohne wachsenden Unzufriedenheit unserer maßgeblich NOCH reichen Staaten, halte ich eine forcierte Zuwanderung aus eben jenen Gründen einzig und allein, für kein adäquates Mittel den Problemen die es hier gibt, zu begegnen.
Das schreibt Weede im Grunde auch, besonders gegen und am Ende.
Die vereinigten Staaten dürften auch deshalb erfolgreicher bei der Integration von Zuwanderern sein, bzw. gewesen sein, weil die Zuwanderung eben nicht frei warn(ist). Sondern nach klaren Kriterien und mit festen Kontingenten funktioniert(e).
Das ist eine weit verbreitete Meinung, die eventuell zum Teil stimmen mag. Die Gegenseite der Medaille ist, dass es bis ungefähr 1900 keine wesentliche Beschränkung der Einwanderung gab. Es gibt nicht wenige Leute, die sagen, in dieser Phase der ungezielten Einwanderung habe Amerika die größten Fortschritte gemacht, sei am stärksten gewachsen (geradezu explodiert) und sei schlagartig die einzige Weltmacht geworden.
Im Prinzip ist jedes Land im Westen ein „Integrationsland“ oder Einwanderlungsland. Die USA sind eben das herausragende Beispiel weil a) es nicht lange her ist b) die Einwanderer aus einer Vielzahl von Ländern kommen und c) es ziemlich erfolgreich verlaufen ist. In der von dir angesprochenen Phase ohne Einschränkungen gab es, berichtige mich, wenn ich falsch liege, noch keinen überlaufenen Sozialstaat und sicherlich keine Debatten um Integration. Ich denke auch, achtung Halbwissen, dass die Einwanderer um diese Zeit nur zu einem geringen Teil aus islamisch geprägten Kulturen kamen.
Es gab in der Tat nicht diesen Sozialstaat wie heute, dass sagen auch Leute wie Mises, Hayek und Weede. Und da liegt sicherlich mit der Hund begraben. Debatten um Einwanderung gibt es seit an Beginn der Zeit, auch in Amerika. Zum dritten Punkt: Ich denke nicht, dass der Islam an sich das Problem ist. Debatten um angeblich „schlechte“ Einwandererkulturen gibt es immer wieder. In Amerika waren dies zuerst die Deutschen, dann die Iren, dann die Süd- und Osteuropäer, dann die Chinesen, dann die Südamerikaner und heute sind es eben die Muslime. Bei allen Gruppen gibt es natürlich einen wahren Kern: Einwanderung funktioniert dann nicht, wenn man sich nicht integriert und wenn sich Parallelgesellschaften verfestigen, die den freiheitlichen, demokratischen Charakter des Einwanderungslandes gefährden.
Nur war eben nicht zufällig bis grade um diese Zeit die USA eben noch zu großen Teilen sehr dünn bis unbesiedelt, bzw.Grenzland.
Das unbeschränkte Einwanderung in ein Land mit viel frei zu vergebendem Siedlungsland, einer riesigen Menge unerschlossener bzw. noch unentdeckter natürlicher Ressourcen und einem riesigen Bedarf an auch wenig qualifizierter Arbeitskraft vor allem positiv wirkt, mag ich gerne glauben.
Es hat nur halt absolut nichts mit den heutigen Gegebenheiten zu tun und ist darum als Positivbeispiel fast schon bewusste Irreführung.
@Martin
Ich denke auch heute noch könnte jedes westliches Land sehr gut wenig qualifizierte Arbeitskräfte gebrauchen. Arbeit gäbe es für all diese Leute mehr als genug. Das Problem sind aus meiner Sicht Gewerkschaften, Mindestlöhne und Arbeitsverbote. Das sind Regulierungen und unschöne Kartelle, die es den Schwächsten der Welt erheblich erschweren Arbeit zu finden und von ihrer eigenen Hände Arbeit zu leben.
Damals wurden die Einwanderer aber auch über die Kosten der Überfahrt selektiert. Relativ zu den (oft kargen) Einkommen im Ausgangsland waren die Kosten des Übersiedelns nach Amerika recht hoch. Daher mussten die Auswanderer entweder beträchtliche Eigenenergie aufbringen oder (in manchen Fällen) Anwerber-Agenten von ihrem Erfolgspotential am Siedelort überzeugen. Während die Kosten einer Reise, insbesondere einer Schlepperverbringung, für viele der heutigen Illegals auch hoch erscheint ist dies nun mehr kein Vergleich mehr zur reltiven Höhe dieser Kosten im 19. Jhdt.
Ich denke schon, dass die Kosten für eine illegale Schlepperei heute im Vergleich zu einem legalem Ticket der dritten Klasse auf einem Passagierschiff damals vergleichbar sind. Vielleicht ist es sogar eher andersherum: Der legale Fahrschein damals war billiger als die Schlepperei heute. Und ungefährlicher war es allemal.
Ich sehe das ein bischen anders, ab ca 1880 gab es die Ticketpreiskriege und die Konkurrenz der Aussiedlerhäfen und -Schiffslinien, welche dann bis 1900 die Preise massiv reduzierten. Das Ende der „open borders“ policy fiel wahrscheinlich nicht zufällig mit dem Preiverfall der Übersiedlungskosten zusammen.
Auch die nicht-monetären „Risikokosten“ der Überfahrt, aber auch der Ansiedlung im Zielland, wurden geringer, es gab mehr Information, mit entsprechend vermindeter Wirkung des Auslesemechanismus.
Gerade die heutige kulturelle Dominanz der US-Unterhaltungsmedien sorgt dafür dass weltweit die Menschen zumindest glauben eine realistische Idee von ihren Chancen und Möglichkeiten bei einer Einwanderung zu haben.
Wo sollen denn Argumente dieser Art hinführen? Dass nur die Reichsten der Reichen nach Amerika eingewandert sind? Diese Art der Argumentation führt aus meiner Sicht zu nichts.
Nicht die „Reichsten der Reichsten“, die Migration hatte meistens ihren Ursprung in heimischer Armut oder aber zumindest stark eingeschränkten ökonomischen Entfatungsmöglichkeiten. Trotzdem waren es zunächst eben diejenigen die trotzdem (gerade) genug Energie und Geld aufbringen konnten die auswanderten. Unter diesen Bedingeungen den letzten Rest and Vermögen „zusammenzukratzen“ bzw. zu ersparen, das für einen Sprung ins Ungewisse, zeugt von der Art Einstellung die im Zielland zu zumindest bescheidenem Erfolg führt.
Wenn aber die Ungewissheit und der Preis und damit die Entscheidungsschwellen zur Auswanderung niedriger sind wird diese Selbstselektion weniger wirksam. Das heisst dass bei niederigerer (Selbst-) Selektionsschwelle die durchschnittliche „Eignung“ der Übersiedler zum Neuanfang im Zielland sinkt.
So ist es heute doch auch noch. Wahrscheinlich noch extremer. Es kommen doch nicht die Afrikaner und Araber nach Europa, die so geschwächt sind, dass sie sich nicht fortbewegen können, sondern die die tausende Kilometer bewältigen können und tausende Euro erspart haben, um Schleußer zu bezahlen.
Es gibt eine witzige Folge von Seinfeld, wo er sich darüber mockiert, dass seine Tante aus Polen, in die USA kam, obwohl sie sich dort früher ein Pony leisten konnte. „Wer wandert denn aus einem Land mit Ponys, in ein Land ohne Ponys, das ist doch Wahnsinn.“
Sehr gut, sehr gut. Meine Lieblingsfolge ist „The Soup Nazi“.
@Martin
Zum Teil sehe ich das wie so, „fast schon bewusste Irreführung“ ist aber arg hoch gegriffen. Es gibt viele westliche/reiche Länder, die produktive, integrationswillige Einwanderer gut brauchen können. Das Problem in Europa ist eher, dass Asien recht weit weg ist und mittlerweile selbst Wohlstandsinseln besitzt. Viele der Länder, aus denen in die Einwanderer der USA im 19 Jh. emigriert sind, sind heute selbst reich. Es ist also einfach schwierig, den bevorzugten Einwanderertyp in großer Zahl aufzutreiben.
Na, ich habe das USA-Argument neulich auch als Argument fur freie, ungeregelte Zuwamderung gelesen.
Dagegen richtet sich meine Kritik. Wenn die Situation nach 1900 etwa gemeint ist, dann war die Einwanderung nicht ungeregelt. Ist die Situation davor gemeint, dann ist sie schlichtweg nicht vergleichbar.
Ich bin absolut nicht gegen eine sinnvoll geregelte, allen Seiten nutzende Zuwanderung, im Gegenteil!
Ich glaube nur, das eine freie Zuwanderung,die allein den Wunsch des Zuwandernden als maßgeblich sieht, weder frei ist (weil sie die Wünsche der bereits Staatsbürger seienden ignoriert) noch allgemein situationsverbessernd. Sondern eher das Potential zu einer fatal schiefgehenden Utopie hat.
In Michigan hat neulich ein Moslem einen polnisch-amerikanischen Schiedrichter getötet. Die Deutschen und Polen in Michigan haben bis dato immer friedlich zusammen gekickt. Der deutsche Sozialstaat hat im übrigen immer problemlos mit der Integration von Einwanderern harmoniert, die Polen im Ruhrgebiet stellten sogar gebietsweise die Mehrheit, wie z.B. in Bottrop. Wie Sarrazin sagt, die sprachbegabten Polen sind Premium-Einwanderer, ob in den USA, oder hierzulande, das hat mit Sozialstaat nix zu tun.
Der Sozialstaat im Deutschen Reich zur Zeit der Einwanderung der Polen ins Ruhrgebiet hat mit dem heutigen nur noch den Namen gemein. Außerdem waren viele Polen sowieso deutsche Staatsbürger, da sie aus Oberschlesien, Ost- und Westpreußen und Posen kamen.
Oberschlesien, Ost und Westpreußen waren ein integraler Teil des Reiches.Die Leute waren genauso deutsch wie die Bauern aus Bayern oder sonstwo aus dem Reich.Deswegen kann man sie schlecht als Polen bezeichnen.Meine Familie waren Bergleute die waren verteilt auf die Zechen im Ruhrgebiet und im Oberschlesien.Wir haben uns nie als Migranten gefühlt auch wenn man uns so behandelt hat.Wer weiß noch heutezutage dass Schlesien und Preußen vor noch gar nicht so lange Zeit deutsch waren?
Große Teile der Einwohner Posens und Westpreußens waren polnischsprachig, die Masuren in Ostpreußen sprachen einen polnischen Dialekt und die Oberschlesier waren meistens zwei- bis dreisprachig: Polnisch, Oberschlesisch 8auch genannt Wasserpolnisch) und deutsch. Die Familie meines Schwiegervaters, die aus Breslau stammte und aus beruflichen Gründen nach Oberschlesien umzog (nach Hindenburg bzw. Zabrze) war die einzige Familie in ihrer Strasse, die kein polnisch sprach.
Apropos Oberschlesier:
@AV
Ich glaube auch nicht, dass der Islam selbst erklärende Variable ist, eher wird er stellvertretend fuer eine insgesamt andere Kultur stehen. Aus dem Gedächtnis unterscheiden sich die Statistiken der Einwanderer aus solchen Ländern spürbar von solchen aus meinetwegen Slovenien, Russland oder sonstiges. Dass einen die Religion an sich nicht zu einem guten oder schlechten Einwanderer macht, ist schon klar.
Gut, das Kulturargument lass ich gelten. Ich denke, das Problem ist die Ketteneinwanderung, die Weede beschreibt. So bald sich andere Kulturen im neuen Land zu sehr zusammenballen, kann es problematisch werden, insofern dass diese Kultur dann dominant wird und den Charakter des Einwanderungslandes zu großen Teilen umgestaltet. In den USA kann man das gut beobachten: Zunächst rotteten Indianerstämme, die indianischen Kulturen aus, die vor ihnen da waren. Dann kam die west- bis nordeuropäische Kultur und wurde dominant. Und jetzt, so sagen manche, komme die lateinamerikanische Kultur im stärker ins Spiel.