In vielen Staaten der Erde gibt es die Tendenz, dass Verfassungsrichter ihre Kompetenzen überschreiten. Sie versuchen nicht mehr herauszufinden wie die Verfassung gemeint war, sondern sie lesen komplett neue Vorschriften in die Verfassung hinein. Die Verfassung selbst ist nicht mehr entscheidend, maßgeblich sind nur noch die politischen Vorlieben und persönlichen Moralvorstellungen der Richter. Amerika und Deutschland sind zwei Beispiele für diese Entwicklung.
Ein sehr guter Achgut-Artikel von Murat Altuglu zum Thema:
Es wird somit deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht Recht schrieb (und das soll und darf es nicht) und nicht das Grundgesetz auslegte (was es soll), und sich bei seinem Urteil nicht am Text der Verfassung orientierte, sondern die persönliche Moral der Richter reflektierte und dies mit schwammigen Begriffen wie „gewandelten Vorstellungshorizonten“ unterlegte, um einen Schein von Objektivität zu schaffen und die Ahnungslosen zu beeindrucken.
Voßkuhle nimmt den Platz der Regierung ein.
Andreas Voßkuhle gab vor wenigen Tagen als erster Verfassungsrichter überhaupt eine Bundespressekonferenz. Herr Voßkuhle saß auf dem Platz, wo sonst die Regierungssprecher sitzen. Ein Bild mit Symbokraft. Erfahren durfte von dem Treffen niemand. Es war ein „geheimes Hintergrundgespräch“. In anderen Worten: Voßkuhle wollte die Journalisten briefen. Die Journalisten sollten dann das Gelernte anwenden. Von Briefing selbst sollte die Öffentlichkeit nie erfahren. Einige Spiegel-Leute hielten sich nicht an diese Zensur und wurden prompt gerügt.
Bestimmen Voßkuhle, Prantl und Franziska Augstein die Richtung?
Es gab vor einigen Monaten einen Aufreger um Heribert Prantl.
Herr Prantl hatte folgende Zeilen über Andreas Voßkuhle geschrieben:
Die Küche ist sein Lieblingsort – der Ort, an dem das Fleisch geklopft, der Fisch entgrätet, das Gemüse gegart und das Essen abgeschmeckt wird. Man muss ihn am Küchentisch erleben. Man muss erleben, wie er ein großes Essen vorbereitet. Bei Voßkuhles setzt man sich nicht an die gedeckte Tafel und wartet, was aufgetragen wird. Eine Einladung bei dem kinderlosen Juristenpaar(…)beginnt in der Küche: Der eine Gast putzt die Pilze, der andere die Bohnen, der dritte wäscht den Salat(…)Jeder hat seinen Part, jeder hat was zu schnippeln, zu sieden und zu kochen, jeder etwas zu reden(..)Voßkuhle selbst rührt das Dressing. Man ahnt, wie er als oberster Richter agiert.
Man machte Herr Prantl den Vorwurf, er habe den Text frei erfunden. Er könne gar nicht zu Gast in Voßkuhles Küche gewesen sein. Wirklich? Warum eigentlich nicht? Warum sollte Prantl die Geschichte frei erfinden?
Was wenn Prantl wirklich regelmäßiger Gast in Voßkuhles Küche ist? Was wenn Prantl, seine Lebensgefährtin Franziska Augstein und Andreas Voßkuhle regelmäßig zusammen kochen und speisen und bei dieser Gelegenheit festlegen in welche Richtung Deutschland als nächstes gesteuert werden soll?
Zu den ersten beiden Sätzen nur Zustimmung. Bestes Beispiel die „extensive“ Auslegung der Glaubensfreiheit durchs BVG, die den Art. 4 völlig entstellt. Und die auch Altuglu brennend ignorieren dürfte: „Der Islam ist eine Weltreligion, aber keine Religion, die sich auf Art. 4 des GG berufen kann.“ Dazu: Prof. K.A. Schachtschneider http://www.youtube.com/watch?v=Vl3Ju9Vd3x8
Zitat (stenografisch)“Grundrechte, die zum Kampf gegen das Grundrecht verwendet werden, können verwirken. („…noch nie passiert“). Religionsfreiheit gehört nicht zu den verwirkbaren Grundrechten. Dies wird von den Richtern des BVG als Argument für die Stärke der Religionsfreiheit interpretiert. „völlig unlogisch.“
„Religionsfreiheit steht entwicklungsgeschichtlich völlig unter Staatsvorbehalt, muss es aus Gründen der Freiheit. Die Religionsfreiheit ist so starken Einschränkungen unterworfen, dass ihre Verwirkbarkeit unnötig ist… das ist die Logik“
„Freiheit ist definiert im GG durch das Sittengesetz (kategorischer Imperativ). Freiheit ist gleich für alle, niemand darf freier sein als ein anderer. Gesetze sind verbindlich weil das Volk es will.
Das Beste am Vortrag ist dann:
Gesetze HABEN ZU SEIN: der Willen des Volkes. Parlamentarier haben nur zu erkennen, was der Wille des Volkes ist. „…das fällt ihnen schwer, gelingt ihnen nicht“ (Das ist wohl vornehm ausgedrückt für: Politiker sind viel zu korrupt, was die Mehrheit (Euro, ESM, EU Beitritt Türkei,…) will, ist egal.)
„Luther hat mit der Zwei-Reiche-Lehre klargemacht, dass (…)Religion und Staat zu trennen sind.Ohne Zwei-Reiche-Lehre kann man Religionsfreiheit gar nicht zugestehen“. „Wenn sich jemand nicht säkularisiert und seine Religion einbringt in die Politik ist ein republikanischer Konsens nicht möglich. Ergebnis kann nur der Bürgerkrieg sein.“ „Das ist die Logik unseres Gemeinwesens.“
—Super Vortrag!
Familie ist Paar mit Kind. GG Text siehe unten. Ich halte es für sinnvoll, wenn kinderlose Paare sich mit ihrem Schicksal abfinden. Vor allem und zuvorderst hat ein Kind das Recht zu wissen, wer sein Vater und wer seine Mutter ist. Wenn beide tot sind, ist es immer noch besser, das Kind wächst in der unmittelbaren Verwandtschaft auf. Die seelische Kränkung, die psych. Probleme, wenn man erfährt, dass die leiblichen Eltern einen weggegeben haben haben, sind nicht lustig. Wer das nicht glaubt sollte möglichts einige Adoptivkinder kennenlernen. Es ist auch nicht so, dass ein Mangel an Adoptionswilligen bestünde, was ich verstanden habe.
Ansonsten: Altuglu ist immer noch ein religiöser Schwätzer. Dass dasselbe in den Staaten geschieht, weiss er nicht, behauptet das Gegenteil.
Weder er noch ich sind Juristen. Wir dilettieren hier 🙂
„Ob Homosexuelle Kinder adoptieren sollen oder nicht, ist eine Frage der Moral“ Das darf er ruhig ausführen. Die Frage war auch, ob sie’s _dürfen_.
Bei der Beschneidung argumentierte Altuglu übrigens anders. Der damalige Kommentar war unterirdisch. („Am deutschen Wesen soll die Vorhaut genesen“) ‚Geht die Leute nix an, und Frauen schon zweimal nicht‘. Die Rechtslage war, obwohl alle es zunächst geleugnet haben, eindeutig: Körperverletzung, strafbar, sonst hätte es keiner Gesetzesreparatur bedurft. Wie man die Körperverletzung unmündiger mit dem kat. Imperativ in Kongruenz bringt wüsste ich gern. Bzw. ich weiss es ja, indem Soziologen und aufgeklärte Muslime rufen: „vielleicht will das Kind ja beschnitten werden.“ Hier haben jahrzehntelang die Richter das gemacht, was Altuglu nun kritisiert: sie haben klare Gesetze zugunsten der p.c. ignoriert.
Ganz abgesehen vom GG argumentiert er plötzlich mit dem Kindeswohl, aber nicht die Adoption, das Aufwachsen bei Homosexuellen ist schlimm. Ein religiöses Argument. Ob das Aufwachsen bei Homosexuellen Kinder schädigt (was Altuglu natürlich befürchtet: dass sie schwul werden, so wie Erdogan keine verdeutschen Adoptivkinder will), haben Psychologen herauszufinden, nicht seine religiöse Intuition. Dazu gibt es Daten, und nicht nur gender-junkstudies.
Warum „durfte“ eigtl. das Totalverbot der Homosexualität aufgehoben werden? Heute ist Altuglu selbstredend gegen ein Totalverbot, man ist ja aufgeklärt. Wer hier gaubt auch nur eine Sekunde, dass ER damals in den Sechzigern/Siebziegern der Novellierung/Abschaffung zugestimmt hätte? Ein Heuchler sondergleichen.
Und das dauernde „par ordre de mufti“ hat er dem Broder abgeschaut. Ein Arschkriecher auch noch .
Wenn die Adoption durch Homosexuelle der Intention der Verfasser GG widerspricht (99% wahrscheinlich), ist es nötig, das GG zu ändern, wenn man ersteres will.
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Art 4 GG
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Erläuterungen b. Schachtschneider!
Art 6 GG
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
…hier stichwortartig der Vortrag von Schachtschneider. Er hat das Ganze in einem Buch dargelegt. „Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam“
In rechtswissenschaftlicher Sprache, für Nichtjuristen mE unlesbar.
„Religionsfreiheit“ für den Islam?
„Der Islam ist eine Weltreligion, aber keine Religion, die sich auf Art. 4 des GG berufen kann.“
Prof. Karl Albrecht Schachtschneider (*1940)
Vortrag geht ca. 50 min.
Bekenntnis- und Glaubensfreiheit: kraft Grundgesetz uneinschränkbar und unverletzlich. „klar! wie sollte diese auch eingeschränkt werden können?“ Dies sind Vorstellungen, keine Handlungen. Für die Freiheit der Religionsausübung gelten weitgehende Einschränkungen im GG, die das deutsche BVG nicht umsetzt.
Art 4. GG: Freiheit des Glaubens, Gewissens, Bekenntnisses (religiös + weltanschaulich!)
Abs. 2 ungestörte Religionsausübung: ganz was anderes, bedarf der rechtlichen Ordnung, denn alles Handeln kann verletzen. Prinzip des „neminem laedere“.
Dies wird als „Religionsfreiheit“ subsummiert und soll „extensiv ausgelegt“ werden (Zitat BVG).
Dies meine alles Leben und Handeln nach der eigenen Religion. Das Handeln aber ist nur in verfassungsimmanenten Schranken möglich. (früher bedeutete Gewissensfreyheit: religiös muss man dem Gewissen/Bekenntnis folgen können, Bekenntnisfreiheit: Freie Wahl des Bekenntnisses, nicht Freiheit des Bekennens-> keine Handlungsfreiheit.)
Es gibt natürlich vielfältige Schranken im GG, die dürfte es aber nicht geben, wenn sie mit der unverletzlichen Bekenntnisfreiheit in einen Topf geschmissen wird!
Mann darf glauben und sich bezeichnen als was man will, aber es berechtigt nach aussen zu gar nichts.
Die Freiheit des Bekenntnisses („Credo“), Gewissensfreiheit, Art. 135 der Weimarer Reichsverfassung ist dem Inhalt nach in Art. 4 GG aufgegangen. Art. 136: Die bürgerlichen Verpflichtungen sind durch diese Freiheit nicht aufgehoben. Dies wird übergangen.
Schachtschneider: „bildungsmässige Fehlleistung des Gerichts“.
Grundrechte, die zum Kampf gegen das Grundrecht verwendet werden, können verwirken. („…noch nie passiert“). Religionsfreiheit gehört nicht zu den verwirkbaren Grundrechten. Dies wird von den Richtern des BVG als Argument für die Stärke der Religionsfreiheit interpretiert. Dies nennt Schachtschneider „völlig unlogisch.“
„Religionsfreiheit steht entwicklungsgeschichtlich völlig unter Staatsvorbehalt, muss es aus Gründen der Freiheit. Die Religionsfreiheit ist so starken Einschränkungen unterworfen, dass ihre Verwirkbarkeit unnötig ist… das ist die Logik“.
Was der Praxis derzeit widerspricht.
Frei sein können wir nur wenn alle sich sittlich (d.h. praktisch vernünftig) verhalten.
Sittlich=vernünftig Handeln= dass auf Grundlage des Wahrheitsprinzips das richtige verbindlich wird.
Die Neigungen Habsucht, Ehrsucht, Machtsucht lenken vom Richtigen ab.
Freiheit ist definiert im GG durch das Sittengesetz (kategorischer Imperativ). Freiheit ist gleich für alle, niemand darf freier sein als ein anderer.
Gesetze sind verbindlich weil das Volk es will.
Gesetze =! der Willen des Volkes, Parlamentarier haben nur zu erkennen, was der Wille des Volkes ist. („fällt ihnen schwer, gelingt ihnen nicht“)
Als Gesetzgeber muss sich der Bürger von seinen Neigungen losmachen, also auch von seinen religiösen Neigungen. Wenn es um Rechtsetzung geht, muss jeder Bürger sein. („Schleier des Nichtwissens“ Rawls). Keine Interessensverfolgung, das Allgemeine verfolgen.
Das gute Leben aller in allg. Freiheit auf Grundlage der Wahrheit.
Gesetze müssen auf Wahrheit beruhen.
Glaubensbekenntnisse sind Vorstellungen die nicht wahrheitsfähig weil falsifizierbar/verifizierbar sind. Gesetze müssen auf Wahrheit, Wissen muss auf Wissen (wenn auch vorläufigem, irrtumsbehaftetem) Wissen beruhen. „Es ist die Logik unseres Staates, dass man Religion nicht in Gesetze einbringen darf.“
Jürgen Habermas „ist religionsaffin, hat eine antidemokratische Lehre (Deliberalismus)“. Laut Habermas müssen auch Religiöse ihre Ansichten in Politik einbringen dürfen. Eben nicht!
Seit dem 2. vat. Konzil hat die kath. Kirche „im großen und ganzen, mit vorsichtigen Formulierungen“ die Religionsfreiheit anerkannt. „Unter dem Protestanten glaubt sowieso keiner mehr an Gott…“ Glaube ist allein Gedankensache, nicht im Verhältnis zum Fürsten, eine Sache des Menschen mit Gott, nicht weltlich.
Luther hat mit der Zwei-Reiche-Lehre klargemacht, dass Heil allein durch Glauben und nicht durch gute Werke erreichbar und Religion und Staat zu trennen sind.
Ohne Zwei-Reiche-Lehre kann man Religionsfreiheit gar nicht zugestehen“. „Wenn sich jemand nicht säkularisiert und seine Religion einbringt in die Politik ist ein republikanischer Konsens nicht möglich. Ergebnis kann nur der Bürgerkrieg sein.“ „Das ist die Logik unseres Gemeinwesens.“
Religion kann nur privat sein (privat ist nicht das Gegenteil von öffentlich).
Die Grenze zwischen privatem und staatlichem/politischem zieht das Gesetz. Soweit die Gesetze es zulassen, dass jemand seine Religion lebt, müssen wir das tolerieren. Aber die Grenzen bestimmt das Gesetz, bestimmen wir alle.
Die Religion muss sich im Rahmen der Gesetze entfalten können. Vorrang hat das Staatliche vor dem Religiösen. (dies ist nicht was „Gesetzesvorbehalt“ meint.)
Der Islam hat keine Trennung in 2 Welten.
D.h.: Moscheenbau, Minarette, Muezzinruf, Kopftuch, Burka kann sich nicht auf Art. 4 berufen: denn alles symbolisiert nicht nur die Herrschaft Gottes, sondern fordert sie ein! Alles ein Aufruf „hier soll Allah herrschen“, Aufruf die Gebote Gottes zu befolgen. Allah befiehlt das Gesetz. Deshalb kann der Islam nicht zur Demokratie finden.
Politische Einrichtungen haben im Islam Beratungsfunktion: der Herrscher soll sich religiös beraten lassen.
Bürgergesellschaft: jeder Bürger ist gleich.
Zivilgesellschaft (Habermas): „das Sagen haben die Parteien, die NGOs und einige wenige…“
Islam kann sich natürlich auf die Bekenntisfreiheit und Glaubensfreiheit berufen, aber nicht auf andere religiöse Grundrechte (div. Handlungen).
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Andere Argumentationsschiene: freiheitlich demokratische Grundordnung
Wer diese angreift, verwirkt die Grundrechte.Kann es ein Grundrecht geben, das berechtigt, die Grundordnung zu bekämpfen? Das wäre unsinnig.
Nach Art. 9 Abs. 2 sind Vereinigungen, die gegen die verfassungsmässige Ordnung (freiheitlich-demokratische Grundordung) gerichtet sind, verboten („nicht: zu verbieten, verboten“).
„Der Islam ist eine Weltreligion, aber keine Religion, die sich auf Art. 4 des GG berufen kann.“
Denn:
Islam ist ein rel. begründetes Rechtssystem, das nicht grundrechtsvereinbar, nicht demokratiefähig ist, Mann und Frau haben nicht dieselben Rechte, insbesondere hat er keine Trennung von politisch/religiös (Säkularisation).
Die Säkularisation hat im Christentum 2000 Jahre gebraucht und ist in der kath. Kirche nicht abgeschlossen.
Verfassungsgerichte sind im System der „Checks an Balances“ zur gegenseitigen Kontrolle der Staatsorgane eigentlich schwer entbehrlich. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ist nämlich nicht notwendig dasselbe. Was, wenn morgen das Parlament unter großem Beifall der Bevölkerung ein Gesetz beschließt, nachdem alle „Reichen“ enteignet und ins Straflager verfrachtet werden? Demokratisch ist das einwandfrei, aber ist es auch rechtsstaatlich?
Staatsrechtlich interessant ist die Frage wie die Verfassungsgerichte die Verfassung in Streitfragen auslegen.
Da gibt es ja in den USA die Position des Originalimus, dem die konservativen Richter Thomas und Scallia anhängen und die sich dadurch auszeichnet, dass versucht wird, den Willen der Verfassungsgeber zu erkunden. Ich halte das für richtig. In Europa findet diese Meinung aber nicht viele Anhänger.
Zum einen glaube ich nicht, dass Vosskuhle sowas wahrheitswidrig abstreiten würde, weil es dazu überhaupt keinen Grund gibt. Verfassungsrichter agieren nicht im politisch luftleeren Raum, ihre politischen Präferenzen sind bekannt und sie werden ja auch von den Parteien in ihr Amt gehievt. Zum anderen wäre die Chance, dass irgendwelche Nachbarn, Hausangestellte, Journalisten oder sonst Leute von so einer Freundschaft wissen und Voßkuhle plötzlich als Lügner dasteht, viel zu groß.
Viel unappetitlicher als wirkliche oder erfundene Abendessen mit Prantl, Augstein und Voßkuhle ist doch die Tatsache, dass mit Susanne Baer eine offen lesbische und verpartnerte Verfassungsrichterin (natürlich von den GRÜNEN) in genau dem 1. Senat hockt, der über diese Fragen der „Gleichstellung“ von Homosexuellen entscheidet. Da ist der Grundsatz, dass niemand Richter in eigener Sache sein soll, doch schon tangiert.
Grund gibt es genug. Was würde die Öffentlichkeit davon halten, wenn der Meinungsmacher der Republik und der höchste Verfassungsrichter sich regelmäßig und heimlich treffen?
Je länger ich es mir überlege desto interessanter finde ich die Theorie. Als die anderen Medien nachgehakt haben, was Prantl eigentlich bei Voßkuhle in der Küche zu suchen hat, bemerkten Prantl und Voßkuhle, dass es nicht hilfreich ist, wenn die ganze Republik weiß, dass sie regelmäßig zusammen essen. Also haben beide auf Nachfrage ihre wasserdichten Geschichten erzählt.
Sie haben keine Freundschaft abgestritten. Sie haben einfach gesagt, dass sie nicht zusammen kochen. Wie will jemand das Gegenteil beweisen, wenn nur Prantl, Voßkuhle, Frau Augstein und die Frau von Voßkuhle zusammen in der Küche stehen?
Diese Art von Argument höre ich sehr oft. Ich glaube das hat irgendein cleverer Richter erfunden. Ich habe dieses Argument auch einmal geglaubt. Mittlerweile halte ich es für falsch. Woher kommt denn die Verfassung? Auch sie muss aus meiner Sicht demokratischen Ursprungs sein. Das ist Punkt 1: Alles muss demokratischen Ursprung sein.
Warum sollte ich ein paar alten Säcken und SäckInnen mehr trauen als dem Wahlvolk? Für mich gibt es da keinen Unterschied. Die sind beide gleich fähig bzw. unfähig. Es ist doch absurd anzunehmen, Richter wären die besseren Menschen. Das war Punkt 2.
Punkt 3: Die Geschichte. Es ist in der Geschichte meines Wissens noch nicht vorgekommen, dass ein ganzes Wahlvolk beschlossen hat: „Lasst uns die Reichen enteignen, ins Straflager verfrachten und abschlachten.“ Das Gegenteil ist doch der Fall: Das war immer eine Handvoll Menschen, die die Macht auf sich konzentriert haben. Jeder Diktator hat seine Verfassungsrichter, die ihm jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Das liegt doch der Hund begraben.
Von daher bin ich auch voll und ganz deiner Meinung, dass sich Richter (und generell alle wichtigen Amtsträger) regelmäßig einer demokratischen Wahl stellen müssten. In Amerika ist das schon relativ gut umgesetzt. In vielen Bundesstaaten kann man zum Beispiel zumindest die Richter der lokalen Gerichte, also der ersten Ebene, direkt wählen. Jeder Anwalt kann sich aufstellen lassen und wenn er die Wahl gewinnt, ist er für die nächsten 5-6 Jahre Richter.
Was man in Europa hat, sind Richter mit zu viel Macht. Richter, die zu großen Teilen selbst bestimmen, was sie tun dürfen und was nicht. Richter, die ohne jede demokratische Wahl bestimmen dürfen, was alle anderen zu tun haben. Deshalb kann ich europäische Richter nicht leiden.
Was bei mir noch dazu kommt: Ich habe als Arzt schon so viele alkoholkranke Richter gesehen (gerade im deutschsprachigen Raum), das ist unglaublich. So viele wie in keinem anderen wichtigen Beruf.
Es war eher der griechische Historiker Polybios, der sich über die Entwicklung des römischen Reiches Gedanken gemacht hat.
Uhhmm..nicht genau so. Aber die NSDAP kam schon durch demokratische Wahlen an die Macht, wenn auch zunächst im Rahmen einer Koalitionsregierung.
Dann folgte das Ermächtigungsgesetz, im Reichstag mit großer Mehrheit beschlossen. Ob damals ein Verfassungsgericht was genutzt hätte ist freilich eine andere Frage.
An das 3. Reich dachte ich natürlich auch als Erstes. Deshalb habe ich es so formuliert. Du hast Recht Hitler wurde demokratisch gewählt und zwar mit einem sehr guten Ergebnis. Aber Hitlers Wahlslogan war ja nicht wirklich: „Lasst uns die Juden enteignen, ins Straflager verfrachten und abschlachten.“ Das wurde bestenfalls angedeutet, die wenigsten haben das Ernst genommen. Sein Judenhass war auch kaum der Grund, warum man ihn gewählt hat.
Dann wurde Hitler also gewählt und vor allem hatte er die Straße und das Militär in seiner Hand. Was bringt in dieser Situation ein Verfassungsgericht? Gar nichts. Mal abgesehen davon, dass die deutsche Justiz nun wirklich kein Zentrum des Widerstandes war. Da gab es tausende kleine und große Freislers. Hätte es damals schon Verfassungsrichter moderner Prägung gegeben, die hätten ihm den roten Teppich ausgerollt. Und wären es Widerständler gewesen, hätte er das Gericht eben handstreichartig geschlossen. Was bringt einem ein Stück Papier, wenn ein Diktator mit seinen Truppen anrückt. Nichts.
Wieso „heimlich“? Es gibt doch gar keinen Grund für Heimlichkeit. Voßkuhle wurde von der SPD für das Amt vorgeschlagen und das sicher nicht, weil er für konservative Ansichten bekannt ist.
Jeder weiß das.
Warum sollte er sich den „heimlich“ mit dem ebenso linken Prantl treffen? Verfassungsrichter sind keine Trappistenmönche, die privat einem politischen Schweigegelübde unterliegen oder zur Einsiedelei verpflichtet sind. Also ehrlich, selbst ich als eisenharter liberal-konservativer Ayn-Rand-Fan fände das jetzt nicht wirklich anstößig. 😉
Nein Trappistenmönche sind sie nicht. Aber sobald sie so ein Amt innehaben, erwarten viele Menschen nicht ganz zu Unrecht, dass sie zumindest ein Stück der parteiischen Lagereinteilung entschweben und dem Amt eine Würde verleihen, die an weise Überparteilichkeit erinnert. Das erwarte ja selbst ich vom höchsten Verfassungsrichter.
Aber sagen wir du hast Recht und Voßkuhle darf sich ganz offen so parteiisch geben wie er will. (Darf er eben nicht, aber egal). Dann zählt immer noch der subjektive Eindruck der beiden. Es muss ja gar kein 100% rationaler Grund gewesen sein. Funktionieren Medien etwa rational? Meine Vermutung ist, es war so eine Art Panikattacke. Die akute Angst der beiden die Medien würden daraus eine große Geschichte machen. Also haben sie sich ganz schnell wieder korrigiert. Und alle haben es ihnen abgenommen. Genial.
Außerdem widersprichst du dir jetzt selbst. Aus deiner Sicht sind die obersten Richter der BRD also nichts weiter als parteiische Politiker? Okay. Das ist vielleicht sogar ganz nah dran an der Wahrheit. Dann gilt man Argument von vorher erst Recht: Welchen Schutz erwartest, du dir dann von Ihnen? Diese Leute sind nicht besser als parteiische Politiker, denn es sind parteiische Politiker. Parteiische Politiker, die nie mehr abgewählt werden können!
Naja, es gab Verfassungsrichter die sich nach Ernennung als unabhängig erwiesen haben und den Absichten ihrer – sagen wir mal „Ernenner“ – nicht gefolgt sind.
Aber grundsätzlich ist das alles ja keine deutsche Besonderheit. Die politische Ausrichtung der Richter des amerikanischen Supreme Court ist doch auch allgemein bekannt.
Ich vertraue grundsätzlich nur auf mich selbst. Aber vielleicht ist ein Verfassusngsgericht trotzdem besser als gar nichts?
In Amerika ist es noch extremer. Das macht den Surpreme Court zu einer politischen Institution. Ein Spielball der großen Parteien. Dabei wäre es seine Aufgabe die Verfassung zu schützen. Das macht er aber nicht, er ist bestenfalls ein kleiner Bremsklotz bzw. eine undemokratische Weiche, die den Volkswillen in Bahnen lenkt, die gar nicht vom Volk erwünscht sind. Da stellt sich die Frage: Warum soll ein mehrere hundert Jahre altes Papier mehr wert sein, als der aktuelle Wille des Volkes?
Menschen lieber irgendwie alte Büchern mit Regeln drin, denen sie dann folgen müssen.
Ich mache Schluss für heute. Liebe Grüße.
„Ein solches Urteil wäre in einer Demokratie wie den USA nicht möglich.“
Merkregel: Immer, wenn ein deutscher, pro-amerikanischer Konservativer eine „typisch deutsche“ Unart diagnostiziert und behauptet, dass das in den USA undenkbar wäre, dann kann man davon ausgehen, dass genau diese Praxis gerade in den USA schon vor Jahrzehnten erfunden wurde und intensiv betrieben wird.
Die Liberalisierung der Abtreibung wurde in vielen europäischen Ländern zunächst gesellschaftlich diskutiert und dann über die demokratischen Wege beschlossen. In den USA hat sich das der Supreme Court aus dem Finger gesogen.
Von der Proposition 8-Kontroverse hat Murat Altuglu offenbar nicht gehört. Kurioserweise beruft sich Murat Altuglu auf zwei amerikanische Bücher aus den Jahren 1997 und 2004, deren Inhaltsbeschreibung bei Amazon seiner obigen Aussage diametral widerspricht.
Ich weiß ihm Moment nicht, was Altuglu mit „so etwas“ meint. Aber du hast generell Recht in Amerika gibt es kaum etwas, was es nicht gibt.