Der Hassverbrechen-Wahnsinn

Spiegel Online berichtet über einen aktuellen Fall bei uns. Anklagt ist der Amerikaner Dharun Ravi. Er stammt aus Indien und war zu Tatzeit 18 Jahre alt. Was hat der Mann gemacht? Nun, er hat auf dem College seinen neuen Roommate Tyler Clementi bei einem homosexuellen Date gefilmt, das Video eines Kusses eventuell veröffentlicht und homophobe Lästereien über Clementi auf Twitter und Facebook verbreitet.

Das geht in Richtung Mobbing. Ziemlich mies, ziemlich kindisch und sehr verletzend. Ich kann da gut mit Clementi mitfühlen, diese Erfahrungen vergisst man nicht. Wahrscheinlich kann sich fast jeder in Clementi hineinversetzen, denn jeder macht in seinem Leben solche Erfahrungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Man kann der Kleinste in der Klasse sein, der Dickste, der Dümmste, der Beste, der Schönste oder einfach nur der Arroganteste. Jeder der „anders“ ist, kann zum Angriffsziel werden. Ich glaube Mobbing ist zu großen Teilen ein sehr altes Programm. So eine Art Rudelkampf. Der Kampf um Homogenität. Die Gemeinschaft stärken durch die Verschwörung gegen Einzelne, gegen Schwächere. Alle gegen den Anderen. Die Volksgemeinschaft im Kleinen quasi.


Was macht den Menschen zum Menschen?
Der wohl größte Unterschied zwischen Mensch und Tier ist für mich, dass der Mensch sich dieser Mechanismen bewusst werden kann. Der Mensch kann Vorurteile als solche erkennen und für sich abwägen, ob diese Mechanismen im jeweiligen Fall nützlich sind oder nicht. Und ja, Vorurteile können natürlich auch nützlich sein. Ich möchte hier mal einem gängigen Klischee (und Vorurteil!) widersprechen, dass Vorurteile immer schlecht sind und keinen Nutzen haben. That’s bullshit.

Jeder Mensch kann auch relativ genau unterscheiden zwischen noch statthafter Kritik und hinterhältigem Mobbing. Allerdings gibt es Zwischenstadien, die Übergänge sind fließend und jeder Mensch sieht die Welt sowieso mit anderen Augen. Und dann gibt es natürlich noch die politische Korrektheit und der in Mode gekommene Begriff „hate crime“.

Was soll ein Hassverbrechen sein und was nicht?
Es reicht nicht mehr, wenn man einen Menschen beleidigt, mobbt, verletzt oder tötet, nein wenn es sich um ein „hate crime“ handelt, ist es laut Medien und Staat besonders schlimm. Wenn zum Beispiel ein Angehöriger einer bestimmte „Gruppe“ einen Angehörigen aus einer anderen Gruppe aus gruppenfeindlichen Motiven heraus verfolgt, sei das besonders verwerflich. Das ist die „Logik“ hinter hate crime. Welches Gewaltverbrechen ist eigentlich kein hate crime. mag man sich da fragen. Mobben, prügeln oder töten andere Verbrecher bei Nicht-hate-crimes aus Nächstenliebe und Mitgefühl? Offensichtlich. So nach dem Motto: „Hey, ich habe gerade diesen Weißen hier ermordet, ein hate crime kann es per Definition nicht sein, denn ich bin ja selbst weiß und keiner von uns gehört einer Minderheit an.“

Ist es nicht vielmehr der Kern jeden Verbrechens, dass man die Menschenwürde und das Recht auf Unversehrtheit des Anderen nicht achtet? Sollte man Verbrechen nicht lieber nach dieser Kategorie sortieren? Und sollten Verbrechen der gleichen Kategorie, nicht auch gleich geahndet werden? Übernimmt man nicht rassistische Theorien, wenn man Menschen in Gruppen einteilt und Verbrechen an Minderheiten anders behandelt, als Verbrechen innerhalb von Mehrheiten? Was ist das für eine perverse Logik? Was ist nur aus dem Westen geworden?

Die Linke von heute ist reaktionär
Das Motto der Französischen Revolution war bekanntlich Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Mit Gleichheit waren aber eben nicht Kollektivismus und Ergebnisgleichheit gemeint. Gefordert war etwas ganz anderes, etwas viel Wichtigeres: Die Gleichheit vor dem Gesetz. Gleiche Rechte und gleiche Pflichten für jedes Individuum. Das bedeutet: Gleiche Strafen für gleiche Verbrechen. Egal ob König, Priester oder Bauer. Ein Mord ist immer ein Mord, egal ob nun der König durch einen Bettler ermordet wird oder der ärmste Bettler des Landes durch den König. Von daher sind ewig reaktionäre Irrlichter wie Butterwegge noch nicht einmal auf dem Stand der französischen Revolution angekommen. Auch die nachher im Video diskutierende Winnie Stachelberg argumentiert ähnlich wie Butterwegge, wenn auch nicht ganz so schlimm.

Man merkt, selbst Spiegel Online ist es bei diesem Artikel ein bisschen mulmig geworden. Was einen in Deutschland nicht einmal annährend ins Gefängnis bringen würde, ist bei uns ein ziemlich großes Ding. Ein 18jähriger kann in Deutschland bekannterweise Menschen totschlagen und darf trotzdem mit Bewährungsstrafen rechnen. Bei uns ist die Justiz viel schärfer. Clementi hat sich nach dem Mobbing umgebracht und es nicht einmal sicher, ob es wirklich (nur) aufgrund des Mobbings war, aber der angebliche Täter ist nun vor Gericht und die Strafen können 10 Jahre und mehr betragen.

Wo Justiz und Medien weniger rassistisch sind und wo mehr
Die Justiz kümmert sich bei uns auch weniger um die Ethnie. Ein Inder, der einen Homosexuellen in den Selbstmord treibt, ist genauso dran wie ein Schwarzer oder ein Weißer. Westeuropäische Medien berichten dagegen nur mit dem Eifer der Empörung, wenn der Täter ein Weißer ist und das Opfer Teil einer Minderheit.

Ich habe seit meiner Zeit in Deutschland noch nie von einem Fall gelesen, bei der ein Ausländer wegen eines rassistischen Mordes an einem Bio-Deutschen angeklagt war. Gibt es solche Fälle nicht? Oder berichten die Medien hierzulande einfach nicht darüber? Meines Wissens gibt es nicht einmal eine Statistik für diese Kategorie. Die offizielle Statistik ist wohl null Morde an autochthonen Deutschen seit 1945. Deutschland ist ein Wunderland.

In unserem Fall sind aber beide, Opfer und Täter, Teil einer Minderheit und wohl deshalb berichtet Spiegel Online ausnahmsweise nicht mit Schaum vor dem Mund. Weder in die eine, noch in die andere Richtung. SpOn dämonisiert nicht den Täter, verklärt ihn aber auch nicht zum Unschuldslamm wie schon so oft in anderen Fällen. SpOn wahrt Distanz zur Justiz, verfällt aber nicht in Justiz-Bashing oder gar in billigsten Anti-Amerikanismus wie sonst so gerne. Man könnte fast schon sagen der Artikel ist halbwegs fair und neutral.

Warum nicht immer so?

Die Diskussion
Hier ein interessantes Video zum Thema in der die Linke Winnie Stachelberg mit dem Libertären Timothy Lynch diskutiert. Ich muss nicht erwähnen auf welcher Seite ich stehe. Ich finde allerdings, dass Lynch einige Male nicht geschickt genug argumentiert. Es geht mehrfach um den Fall James Byrd, den ich auch schon öfter angesprochen habe. So zum Beispiel ab Minute 36:17. Lynch reagiert da aus meiner Sicht ausweichend und falsch auf die Ausführungen von Stachelberg. Spätestens an dieser Stelle hätte er Stachelberg festnageln müssen. Ein bisschen schade, aber nun gut. Hier das Video:

Fazit
Ich sehe mich als Libertären, ich betone das Individuum. Die Mehrheitsmeinung scheint anders gelagert zu sein. Wenn ein Mitglied einer relativ beliebigen Gruppe das Mitglied einer anderen Gruppe aus gruppenfeindlichen Motiven heraus ermordet, dann ist das für Medien, Justiz und Politik schlimmer, als wenn der Mord gruppenintern geschieht oder aus Motiven heraus, die nicht als „gruppenfeindlich“ angesehen werden. Zum Beispiel: Neid, Fankonkurrenz, Langeweile, Armut oder Spaß. Für mich besteht dieser Unterschied nicht. Menschen werden aus meiner Sicht zu stark durch ihre Gruppenzugehörigkeit definiert und nicht über ihre Individualität. Oftmals nimmt die Gesellschaft sogar nur ihre Gruppenzugehörigkeit war, die Person selbst verschwindet komplett.

Ich dachte immer Menschen, die andere Menschen vor allem als Teil einer Gruppe wahrnehmen, nennt man wahlweise Kollektivist, Sozialist oder Rassist. Wer zudem Mordmotive wie Neid, „Armut“, Langeweile oder eine archaisches, familieninternes Ehrgefühl verharmlost und faktisch hinter „Hassverbrechen“ einreiht, ist ein ziemlich extremer moralischer Relativist.

Linke nehmen offenbar an, dass „Gruppenhass“-Morde von den Tätern ganz bewusst mit maximal freiem Willen unternommen werden, während jemand der einen Millionär ermordet oder wie die RAF Politiker und Banker, dies quasi aufgrund „edler“ Motive unternimmt, die zumindest verständlicher sind. Es werden in diesen Fällen auch gerne „äußerer Umstände“ herangezogen, die von den Opfern angeblich mit verursacht werden. Die Reichen sind quasi selbst schuld, so nach dem Motto. Diese rein ideologisch-politisch motivierte Einteilung wird sogar beibehalten, wenn „Hassverbrecher“ so offensichtlich schizophren erkrankt sind wie Loughner und Breivik.

Wenn ich in den nächsten Wochen Zeit habe, werde ich einmal die Neonazi-Mordserie, einen Mord in Osnabrück sowie einen Fall aus England besprechen. Diese Fälle passen auch sehr gut zum Thema. Bis dahin empfehle ich diese Kolumne von Harald Martenstein.

9 Gedanken zu „Der Hassverbrechen-Wahnsinn

  1. Die Linken predigen seit Jahrzehnten, daß Kriminelle für ihre Taten gar nicht verantwortlich seien und deshalb auch nicht bestraft werden dürfen. Wenn ein Mensch einen anderen ausraubt, vergewaltigt, drei Stunden lang foltert und anschließend in 47 Teile zerlegt, ist daran nicht er, sondern die kapitalistische Gesellschaftsordnung schuld. Er hat nicht aus Haß gehandelt, sondern nur seiner Verzweiflung über die Produktionsverhältnisse im Raubtierkapitalismus kreativ Ausdruck verliehen.

    Und dann gibt es plözlich die sogenannten Haß-Verbrechen, bei denen es selbst die Linken nicht mehr fertigbringen, ihren eigenen Unsinn zu glauben. Aber anstatt nun einzusehen, daß sie sich die ganze Zeit geirrt haben, müssen sie nun so tun, als wäre dies eine ganz neue Kategorie von Verbrechen, die gesondert behandelt werden muß.

    Durch diese ewige Kette von immer weiteren Rationalisierungen der Widersprüche ihres Weltbildes mit der Realität werden die Linken jeden Tag ein bißchen wahnsinniger. Hoffentlich wird das dem Wähler bald endgültig zuviel…

  2. Die Frage ist, ob die Titulierung als „moralische Relativisten“ wirklich funktioniert, wenn sie RAF Morde bspw. aufgrund der „guten“ Intentionen weniger schlimm erachten. Das scheint mir nicht der Fall. Es mag zwar im Großen und Ganzen viele relativierende Affektionen geben, aber trotzdem gibt es da noch so eine Restmenge, die man weiter gut heißt. Kuba, 68 … etc.

      • Moralischer Relativismus geht davon aus, dass es keine letztbegründbaren moralischen Urteile gibt. Und in der Tat ist das ein Phänomen in den linken Strömungen. Die richtig links liegenden besitzen dies jedoch i.d.R. nicht, da sie klar zugunsten einer sozialistischen Vergemeinschaftung der Individuen eintreten, um sich bspw. von den „Zwängen“ und „Ausbeutungen“ des Kapitalismus zu befreien. Der moralische Relativist sagt aber bspw.: „ach ihr steinigt Schwule? Hm, wir machen das in Deutschland nicht und ich finde das ganz okay. Aber wenn das eure Kultur ist, okay … was solls? Ich bin froh, dass ich hier bin, aber das geht mich nichts an und das ist eure Sache.“ So in der Art argumentiert der Relativist. Für ihn gibt es keine letztgültigen moralischen Urteile (das sieht man auch bei tendenziell(!!) Pädophilen wie Coen-Bendit [siehe Fernsehinterview bei Youtube]). Wenn man nun unterteilt in „edle“ Verbrechen und „Hassverbrechen“, dann spricht das eher dafür, dass es in dieser Gruppierung (vielleicht verborgene) letzte moralische Ansätze gibt. Es ist aber auch sehr gut möglich, dass diejenigen selbstwidersprüchlich sind. 🙂

      • Moralischer Relativismus geht davon aus, dass es keine letztbegründbaren moralischen Urteile gibt.

        Well, das glaube ich auch. Nur meinte ich das nicht mit „moralischer Relativismus“. Ich meine das Anlegen von unterschiedlichen Maßstäben, diese Heuchelei, diese Inkonsequenz. Ich habe kein Problem mit jemandem, der sagt es gäbe keine letztbegründbare Moral. Das glaube ich auch. Moral spielt sich nur in unserem Gehirn ab. Ein Stein hat keine Moral. Die meisten Linken glauben das meiner Erfahrung nach aber gerade nicht. Linke glauben ganz fest an die Gültigkeit und Begründbarkeit ihrer heuchlerischen „Moral“. Linke sagen zum Beispiel Israel sei ein mörderisches Apartheids-Regime, ein Verbrecherstaat und zu den wirklichen Regimen drum herum sagen sie: F*ck that sh*t, das interessiert mich nicht, da ist doch alles in Ordnung. Es gibt noch viel mehr Beispiele aus allen Bereichen des Lebens. Nehmen Sie nur mal den aktuellen Fall Trayvon Martin. Heuchlerischer und verlogener geht es nicht mehr.

  3. Wir sind aber keine Steine, sondern vernunftbegabte Lebewesen. Insofern glaube ich, dass es sehr schwer wird mit einem moralischen Relativismus gegen diese Heuchelei zu argumentieren. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sie ein moralischer Relativist sind. Ansonsten würde die Kritik an den diktatorischen Systemen nur begrenzt Sinn machen. Die basalen(!) Menschenrechte sind nicht so schwer letztzubegründen. Auch rationale Wertorientierung / Präferenzorientierung lässt sich nach meiner Auffassung relativ leicht begründen. Das machen Sie ja im Endeffekt auch, wenn gegen diese Heuchelei von Ihnen argumentiert wird. Dort sind die Wertpräferenzen der Linken ja eben widersprüchlich, was so gegen das Wahrheitsprinzip verstößt. Die Grünen sind ein typisches Beispiel für moralische Relativisten. Für diese gibt es keine klare moralische Letztbegründung. Für die Linke / Sozialisten gilt das nur bedingt. Sie haben meines Erachtens einfach eine widersprüchliche Letztbegründung beziehungsweise Ideal.

      • Nein, ich habe letztendlich keine Letztbegründung. So argumentiere ich nicht. Ich argumentiere, dass Moral in sich stimmig sein muss. Sie muss zum Beispiel gleiche Maßstäbe benutzen. Genau das machen die Linken aber nicht. Sie benutzen für Juden zum Beispiel einen extrem strengen Maßstab und für Muslime einen extrem lockeren.

        Bei Achterbahnfahrten gibt es doch diese Messlatten wie groß man mindestens sein muss, um Achterbahn fahren zu dürfen. Das kann man auch im übertragenen Sinne auf Linke anwenden. Wenn ein Muslim kommt, setzen die Linken die Messlatte auf den Boden und sagen: „Kein Problem, du darfst immer fahren.“ Wenn dagegen ein Jude kommt, setzt man die Messlatte auf Basketballhöhe und sagt: „Du bist noch nicht groß genug, streng dich mal mehr an.“

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