Der deutsche Amerikaner

Ausnahmsweise mal ein Artikel bei Spiegel Online, der mir halbwegs gefallen hat. Der Ton ist wie immer, aber die Informationen waren doch interessant genug. Ich hatte nicht das Gefühl, meine Zeit wäre jetzt total verschwendet. Es ist ein Artikel über den deutschstämmigen Libertären Peter Thiel.

Thiel gilt als Libertärer, der sich dafür einsetzt, dass der Staat möglichst wenig in Wirtschaft und Gesellschaft hineinregiert. Politiker hätten gar nicht das Wissen, um zu erkennen, welche Probleme die dringendsten seien, sagt er. Als Student gründete Thiel eine konservative Studentenzeitung, die gegen Feminismus und Multikulti an der Uni wetterte. Im Präsidentschaftswahlkampf 2008 unterstützte er den Republikaner John McCain, auch Kandidaten der ultrakonservativen Tea Party bekamen Geld von ihm. Auch an eine Anti-Einwanderer-Organisation soll Thiel Geld gespendet haben. Doch im Bild des strammen Republikaners gibt es Brüche: Thiel unterstützte auch schon eine Pro-Marihuana-Kampagne.

So Deutsche gibt es also auch. Der Mann hat alle Prioritäten richtig. Aber sind wir ehrlich: Thiel ist nicht mehr wirklich deutsch. In Deutschland würde man wahrscheinlich sagen: Eine gelungene Integration. Das stimmt. Er hat alle negativen deutschen Eigenschaften abgestreift. (Wenn er sie denn jemals hatte.)

Man beachte auch mal wieder das Wörtchen „ultrakonservativ“. Ich habe noch nie gesehen, dass die deutschen Medien einen islamistischen Staats-Chef von Marokko bis Malaysia als „ultrakonservativ“ bezeichnet hätten. Es sind immer unsere Politiker, die so genannt werden. Was für eine billige Propaganda. Man könnte ganze Wörterbücher mit diesem Unsinn füllen. (Ich habe eine ganze Sammlung davon. Das wird irgendwann ein extra Artikel).

Deutsche wie Politiker wie Westerwelle tänzeln durch die Maghreb-Staaten und behaupten die Konservativen dort, seien im Grunde nicht anders als die Konservativen im Westen – uns böse „ultrakonservative“ Amerikaner wahrscheinlich ausgenommen. Wenn das so ist, dann soll Westerwelle doch mal mit seinem Mann in die islamischen Staaten reisen. Er muss nichts befürchten. Die „Ultrakonservativen“ sitzen schließlich bei uns. Deshalb unterstützt sie auch der offen homosexuelle Peter Thiel. Das ist Spiegel-Logik in Reinkultur.

15 Gedanken zu „Der deutsche Amerikaner

  1. Also an der Sammlung kann ich mich beteiligen, ich habe mich eher auf leere Fortschrittsphrasen verlegt. Ich habe mich relaltiv intensiv mit der DDR auseinandergestzt und die Sprache fand ich immer spannend. In letzter Zeit habe ich sehr of deja vu Erlebnisse. Kostprobe von heute gefällig?
    Ein Artikel auf ftd.de, die ich sonst eigentlich schätze, über das geplante Engagement deutscher Stiftungen und Städtepartnerschaften in Griechenland, die dort eine „Charmeoffensive“ starten wollen. Also den blöden Griechen erklären, warum es super ist, ihnen die Budgethoheit abzunehmen und ihren Staat umzukrempeln. Natürlich zum Besten aller. Ohne Eigeninteresse.

    Zitat FTD
    Es spricht der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel, der die Initiative (Städtepartnerschaften) auf deutscher Seite koordiniert […]: „Durch die Zusammenarbeit stärken wir die Kräfte in Griechenland, die bereit sind, sich für die Zukunft des Landes zu engagieren.“
    http://preview.tinyurl.com/8xmov5z

    Zukunft!
    mfg

    • Durchaus interessant, aber es passt nicht zu meinem Kernthema. Ich sammle Artikel und Begriffe, die unsere rechten Politiker auf lächerliche Art und Weise verdammen und auf der anderen Seite dann wirklich ultrakonservative und rechtsextreme Politiker aus Libyen, Syrien, Türkei, Iran usw. verharmlosen oder gar in den Himmel loben.

  2. Es gibt einen weiteren Begriff, bei dem ich den Verdacht nicht loswerde, dass die deutschsprachigen Journalisten ihn nicht ganz richtig verwenden: „gemässigt“. Während Tea Party, Bush, Liebermann etc.das verkörperte Gottseibeiuns darstellen, entdecken diese Leute auf der anderen Seite haufenweise „Gemässigte“. Abbas, Teile des iranischen Regimes, ja sogar unter den Taliban gibts „Gemässigte“ (die Verwenden für Steinigungen wahrscheinlich gepolsterte Steine).

  3. Peter Thiel lehnt das Frauenwahlrecht ab. Das kann man schon ein bisschen konservativ nennen.

    Thiels Ideologie stammt im wesentlichen vom typisch deutschen Professor Hans-Hermann Hoppe, der in „Demokratie. Der Gott, der keiner ist“ argumentiert, dass die Demokratie die Freiheit erstickt und nicht befördert. Er meint, dass ein Bürger des Habsburgerreiches oder unter Ludwig dem XIV freier gewesen sei, als ein Bürger einer Massendemokratie. Freiheit sei nämlich nicht mehrheitsfähig; ganz besonders wenn auch Frauen wählen dürfen.

    Hoppe fordert daher einen radikalen Bruch mit der Demokratie durch die Privatisierung aller öffentlichen Funktionen und Organe, also eine Rückkehr zu Monarchie, Fürstentümern usw.
    Pieter Thiel will dies durch Seasteading, also schwimmende Städte in internationalen Gewässern in die Praxis umsetzten und hat auch schon Geld in diese Sache investiert.

    Der Bezeichnung „ultrakonservativ“ ist unzutreffend. Konservative akzeptierten schließlich die demokratischen Werte der französischen Revolution. Hoppe und Thiel stehen hingegen so weit rechts, dass sie sich außerhalb des üblichen, postrevolutionären politischen Bezugsrahmens befinden. Radikal-reaktionär wäre eine besser zutreffende Bezeichnung für deren Position.

    Kurioserweise entspringen Hoppe&Co der liberal-revolutionären Tradition, des im Banner dieses Blogs abgebildeten Mannes, und Teilen seine Suche nach Freiheit, haben aber völlig diametrale Ansichten darüber, wo man diese Freiheit finden kann.

    • „Peter Thiel lehnt das Frauenwahlrecht ab.“

      Frei nach dem Motto: Richtig frei bin ich nur, wenn ich die Freiheit und Rechte anderer begrenze und ignoriere.

      Andererseits brauchts auch so irre Querdenker.

    • Peter Thiel lehnt das Frauenwahlrecht ab.

      Eine Quelle geben Sie nicht an. Von daher ist das erst einmal nichts weiter als eine Behauptung. Ich kann mir schon denken, was Thiel gemeint haben könnte. Allerdings wäre auch das nur Spekulation. Ich müsste schon wissen von welchem Artikel/Interview Sie sprechen.

      Danke für die sehr interessanten Hintergrundinfos. Hört sich spannend an. Wenn ich Zeit habe, lese ich dazu ein paar Dinge nach.

      • http://www.cato-unbound.org/2009/04/13/peter-thiel/the-education-of-a-libertarian/

        Most importantly, I no longer believe that freedom and democracy are compatible.

        The 1920s were the last decade in American history during which one could be genuinely optimistic about politics. Since 1920, the vast increase in welfare beneficiaries and the extension of the franchise to women — two constituencies that are notoriously tough for libertarians — have rendered the notion of “capitalist democracy” into an oxymoron.>/quote>

        P.S.:
        Kleines Detail am Rande: Die Koch-Brüder, die das CATO-Institut finanzieren, zerstritten sich vor 30 Jahren mit Murray Rothbard. Daher werden seine Werke und das Van Mises Institut von CATO und anderen Institutionen der Kochs konsequent tot geschwiegen. Dieser Bann betrifft auch alle Schüler Rothbards, zu denen auch Hans-Hermann Hoppe zählt.

      • Ach Sie meinen den Artikel. Das ist doch harmlos. Das ist nur eine simple Feststellung: Frauen wählen im Durchschnitt mehr links als rechts.

        Was Thiel vielleicht unter anderem auch gemeint hat:
        Es gibt kaum Frauen, die libertär sind. Ayn Rand war libertär und Margaret Thatcher, wenn man so will. Zwei strahlende Ausnahmen von der Regel. Frauen scheinen außerdem generell weniger an politischen Fragen interessiert. Ich habe eine Frau, eine Tochter, drei Schwestern und eine Mutter. Politik?! Interessiert sie nicht. Meine Frau liest die Todesanzeigen in der Zeitung, meine Tocher liest gar keine Zeitung. Ihr Kreuzchen machen sie natürlich trotzdem: Nach oberflächlichen Kriterien, ohne wirklich Ahnung von der Materie zu haben. Am Ende wählen sie das, was ich wähle oder ihr Freund oder welcher Mann auch immer den größten Einfluss hat in ihrem Leben. Jedenfalls lassen sie uns Männer in dem Glauben.

        Wie viele Frauen kommentieren denn hier? Nahe null. Gehen sie in jedes politische Forum im Internet. Frauen? Deutlich in der Unterzahl. Falls überhaupt vorhanden. Schauen sie sich mal in den Parteien den Frauenanteil an. Selbst die linkesten Parteien müssen da extrem kämpfen, um wenigstens über 30% zu kommen. Mit Quoten natürlich. Ein libertärer Alptraum.

        Sollte man deshalb das Frauenwahlrecht wieder abschaffen? Natürlich nicht. Thiel hat nur ein paar simple Feststellungen gemacht: Das Frauenwahlrecht hat der libertären Sache nicht geholfen, Wählen ändert wenig bis gar nichts und die Demokratie in ihrer jetzigen Form scheint den Westen immer stärker in eine massive Umverteilungsmaschine zu verwandeln, die kaum von Dauer sein wird. Keiner will doch dem Wahlrecht ans Leder. Thiel macht nur darauf aufmerksam was wirklich in Gefahr ist: Kapitalismus und Individualismus, Freiheit und Fortschrittsgeist. Darauf beruht der Westen und sein Wohlstand, darauf beruht die Demokratie. Thiel sägt nicht an diesen Fundamenten. Das machen die Linken schon selbst. Mal gucken wie lange das noch gut geht.

      • Ich teile deine Annahmen im großen und ganzen. Peter Thiel und das ideologische Milieu in dem er sich bewegt, tut das aber nicht. Dort wird das Stimmverhalten der Massen als Wurzel illiberalen Übels betrachtet.

        Peter Thiel setzt seine Hoffnung auf Kolonien im Weltraum oder auf hoher See „to escape not via politics but beyond it“. Das wäre ja sinnlos, wenn diese Kolonien erst wieder das gleiche politische System mit allgemeinem Wahlrecht hätten.

        Lies mal bei Walter Block, dem aktuell extremsten Vertreter unter den fundamentalistischen Libertären nach, wie er gegen unveräußerliche Rechte und für die Legitimität freiwilliger Sklaverei argumentiert und die Argumente jener Mitstreiter entkräftet, die dann doch nicht so weit gehen wollen:

        Klicke, um auf 256gord6.pdf zuzugreifen

        Klicke, um auf 17_2_3.pdf zuzugreifen

        Das sollte ein drastischer Beleg dafür sein, dass es die Vordenker aus diesem Milieu mit ihrer Ablehnung von Demokratie, gleichen Rechten usw. ernst meinen.

  4. Ich halte Frauenwahlrecht (oder besser „das allgemeine Idiotenwahlrecht“) für _DEN_ Designfehler in Demokratien.

    Frauen werden immer alles in Richtung des autoritären Sozialismus verschieben, weil Frauen von der Konstitution her auf Schutz durch andere angewiesen sind („Immer-Angst“) und geborene Opfer sind („Imma-Opfa“).

    Mit Frauen ist der Drift in den Lesbo-Sozialismus unausweichlich.

    http://bloganddiscussion.com/frauenhaus/1456/lesbo-sozialismus/

    Es aber einige einfache Methoden, das Frauenwahlrecht einzuschränken, ohne legislativ zu diskriminieren:

    Das passive Wahlrecht schränkt man ein, indem man es nur für Eltern mindestens zweier Kinder gewährt. Männern macht das fast gar nichts. Aber für Frauen ist es viel größere Hürde.

    Das würde zudem noch sicherstellen, dass sich familienfeindliche Singles an der Gesetzgebung so wenig wie möglich beteiligen.

    Das aktive Wahlrecht schränkt man ein, indem man es an IQ- und Wissenstest knüpft. Ab einem IQ von 120+ wird es für Frauen viel dünner, und bei Wissenstests schneiden Frauen noch schlimmer ab.

    Man würde damit nicht nur Frauen, sondern auch noch andere Demokratieschmarotzer herausfiltern.

    Das ganze erinnert an das Prinzip des US-Wahlrechts. Das US-Auswahlverfahren ist auf dem Papier nicht-diskriminierend. In der Praxis stellen sich vor allem Millionäre und Milliardäre zur Wahl, so dass die US-Politik ziemlich konservativ und militärisch bleibt, weil arme Hippies typischerweise nicht kandidieren.

    http://bloganddiscussion.com/frauenhaus/1341/frauen-und-die-kaputte-gesellschaft/

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